Zwei Tonnen Gold und 20 Tonnen Silber

Mehr als 100 Millionen ungenutzte deutsche Handys könnten recycelt werden

Grafische Darstellung eines Handys
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Wohin verschwinden all die ausgemusterten Handys? Immerhin wurden in Deutschland allein im Jahr 2013 rund 35 Millionen neue Mobiltelefone gekauft. 2014 dürften es noch mehr werden, der Trend geht zu einer immer kürzeren Nutzungsdauer. Also: Wo bleiben die Handys?

Die meisten liegen in irgendwelchen Schubladen. Mehr als 100 Millionen sollen das sein – nur in Deutschland. Einige werden verkauft und verschenkt, andere vergessen, irgendwann landen sie einfach im Müll. Jürgen Resch hat dafür kein Verständnis: „Aus 100 Millionen Handys ließen sich mehr als zwei Tonnen Gold, zwanzig Tonnen Silber und 720 Tonnen Kupfer gewinnen“, erklärt der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Gemeinsam mit der Telekom betreibt die DUH das Recycling-Programm „Handys für die Umwelt“ und konnte so in zwölf Jahren schon 1,8 Millionen Mobiltelefone wieder verwerten.

Handy-Eimer im Moorhaus
Sieben Althandys liegen mittlerweile auch in einem kleinen Eimer im hessischen Naturfreundehaus Moorhaus (H 29). Der wurde Ende Juni demonstrativ in den Gastraum gestellt, ein DUH-Aufkleber signalisiert: „Ihr altes Handy ist zu wertvoll für den Müll!“ Aber sieben von 100 Millionen – ist das nicht ein Misserfolg? „Im Gegenteil“, sagt Katrin Bayer, Vorsitzende der Ortsgruppe Pfungstadt (info@naturfreunde-pfungstadt.de). „Unsere Sammelaktion war in der Zeitung, wir hatten sehr gute Gespräche. Denn natürlich haben auch viele Pfungstädter Althandys. Allerdings hat unser Naturfreundehaus nur sonntags geöffnet und die alten Handys werden dann meist doch zu Hause vergessen.“

CO2-Ausstoß wie beim Flugverkehr
Den NaturFreunden geht es in erster Linie um einen Bewusstseinswandel. Denn Produktion, Nutzung und Verwertung von Handys und Computern erzeugen mittlerweile so viel Kohlendioxid wie der globale Flugverkehr. Zudem sind alte Mobiltelefone längst eine echte Rohstoffquelle mit weit weniger ökologischen und sozialen Belastungen als bei der sonst üblichen Förderung in Minen. Zum Beispiel ist das in Handys verwendete Coltan
nicht nur extrem knapp, sondern spielte auch eine konfliktverschärfende Rolle im kongolesischen Bürgerkrieg.

Einen Tipp möchte Katrin Bayer anderen Ortsgruppen noch weiter geben: „Die DUH-Aktion können wir wirklich empfehlen. Sie wird sehr gut begleitet und man muss das Rad nicht neu erfinden. Allerdings sollte man in Pressemeldungen unbedingt klarstellen, dass es dabei nur um Handys geht. Sonst kommt wirklich jede Art von Elektroschrott. Da sieht man erst mal, in was für einer Wegwerfgesellschaft wir leben.“

Samuel Lehmberg
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in NATURFREUNDiN 4-2014.

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Naturfreundehaus Moorhaus
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64319 Pfungstadt
Übernachtungsplätze vorhanden
Selbstversorgerhaus

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