Ein effektiver Insektenschutz braucht mehr Anstrengung

Die NaturFreunde Deutschlands fordern in ihrer Stellungnahme zum Entwurf eines Insektenschutzgesetzes deutliche Nachbesserungen

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Die NaturFreunde Deutschlands haben eine Stellungnahme zum Referenten-Entwurf eines Insektenschutzgesetzes des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) eingereicht.

Ziel des geplanten Insektenschutzgesetzes soll die Schaffung der rechtlichen Grundlagen sein, damit die Lebensbedingungen für Insekten und die biologische Vielfalt in Deutschland verbessert werden und dem Insektensterben entgegengewirkt wird. Ferner soll ein Beitrag dazu geleistet werden, das Aktionsprogramm Insektenschutz des Bundesministeriums umzusetzen.

Die NaturFreunde begrüßen den Entwurf des Gesetzes. Wir sind aber der Überzeugung, dass die weitere Ausgestaltung und Umsetzung des Aktionsprogramms erheblicher Anstrengungen aller Ressorts bedarf!

Die Maßnahmen des Programms zur Ackerbaustrategie, der Pestizidreduktion und Maßnahmen zur Unterstützung der Weidetierhaltung sowie des Masterplans Stadtnatur müssen miteinander verknüpft werden, um sicherzustellen, dass sowohl finanziell als auch personell die zu erwartenden zusätzlichen Maßnahmen zum Insektenschutz im Rahmen der Gesetzesumsetzung umgesetzt werden können. Die NaturFreunde Deutschlands erwarten deshalb von den beteiligten Ministerien zeitnah Gesetzentwürfe, mit dem Ziel, den Insektenschutz sektoral zu stärken.

Angesichts dieses Hintergrunds reichen die vorgesehenen Änderungen keinesfalls aus, um die Notwendigkeiten zum Schutz der biologischen Vielfalt und der Klimaanpassung in Deutschland hinsichtlich der naturschutzrechtlichen Aspekte dauerhaft zu gewährleisten und sicherzustellen. Die Zielsetzungen der Bundesregierung für die Zeiträume 2030 und 2050 sind so nicht adäquat zu erreichen. Daher fordern die NaturFreunde deutlich weitergehende sowie zusätzliche Bestimmungen.

Hierbei denken wir an:

1. Das strikte Verbot des Pestizideinsatzes in Schutzgebieten

2. Die Definition von guter fachlicher Praxis in der Landwirtschaft, zum Beispiel mit einer Minimalsicherung der biologischen Vielfalt durch:

  • Eine mindestens dreigliedrige Fruchtfolge auf allen Äckern.
  • Die Bestimmung, dass eine Frucht maximal 50 Prozent der Ackerflächen eines Betriebes einnehmen darf.
  • Die Festlegung eines Mindestanteils von Leguminosen (darunter auch Kleegras und Leguminosen-Gemenge) von 20 Prozent an der Ackerfläche.
  • Das vollständige Verbot des Grünlandumbruchs.
  • Eine Flächenbindung der Tierhaltung sowie nachweislich niedrige Stickstoffüberschüsse in der Hoftorbilanz.
  • Verzicht des Anbaus gentechnisch veränderter Organismen (GVO).
  • Verzicht auf den Einsatz von Betriebsmitteln aus gentechnisch veränderten Pflanzen.
  • Ausweisung ökologischer Vorrangflächen mit einem Flächenanteil an der Betriebsfläche von nicht weniger als 10 Prozent.

3. Die gute fachliche Praxis der Forstwirtschaft ist auf Bundesebene und der ordnungsgemäßen Forstwirtschaft in den Ländern zu konkretisieren.

4. Der Pestizideinsatz im Wald ist zu unterbinden.

5. Ergänzend umzuformulieren sind nach unserer Auffassung in § 5 BNatSchG die Maßgaben zur guten fachlichen Praxis in den Beachtenspflichten. Das gilt insbesondere durch präzise Zielvorgaben zur Beachtung der biologischen Vielfalt in der landwirtschaftlichen Bodennutzung, in der forstlichen Bewirtschaftung und der fischereilichen Nutzung mit dem Ziel, den Erhalt und die Förderung wildlebender Arten auf ganzer Fläche zu gewährleisten. Durch eine Verordnungsermächtigung sollten diese Ziele unterstützt werden. Leider fehlen Vorschriften hinsichtlich der landwirtschaftlichen Produktionsfläche. Die landwirtschaftliche Produktionsfläche ist jedoch maßgeblich für die Problemstellungen im Insektenschutz zu beachten. Auch für die Forstwirtschaft fehlen hier Vorschriften, u. a. zur Baumartenwahl und zur Bestandsentwicklung. Verstöße sind durch Ordnungswidrigkeiten zu ahnden.

6. In § 6 BNatSchG ist die Beobachtung durch ein für ganz Deutschland vorgesehenes effektives und repräsentatives Monitoring so zu ergänzen, dass die biologische Vielfalt für den Gesamtraum betrachtet und zusätzlich gezielte Aufgaben im Insektenmonitoring verlangt werden. Die Notwendigkeit hierfür lässt sich aus zahlreichen entomologischen Studien ableiten.
Die Zuständigkeit ist beim Bundesamt für Naturschutz (BfN) anzusiedeln.     

7. Die Eingriffsregelung nach § 15 BNatSchG bedarf einer ergänzenden und präzisierenden Vorschrift zur Beachtung der vorkommenden wildlebenden Tiere und Pflanzen und ihrer Habitatsansprüche im Zusammenhang mit dem Vermeidungsgebot sowie für die abzuleitende Kompensation unabhängig des besonderen Artenschutzrechts. Aus unserer Sicht ist für einen verbesserten Insektenschutz und die Ausgestaltung der Kompensationsmaßnahmen eine solche Regelung unabdingbar.

8. Wir regen die Etablierung einer „Naturschutzbezogenen Baubegleitung“ an. Dadurch soll die Wahrung und Überwachung der naturschutzrechtlichen Erfordernisse, der Antragsgenehmigung und ihrer Nebenbestimmungen in der Durchführung von Vorhaben mit erheblicher Eingriffswirkung, umfangreichen Kompensationsmaßnahmen und aufgrund von Vorhaben mit einer UVP, SUP und FFH VP sowie artenschutzrechtlicher CEF und FCS Maßnahmen besser gewährleistet werden.
Gewässerbezogene und bodenbezogene Überwachungsmaßnahmen sind möglichst gebündelt wahrzunehmen. Die notwendige Sachkunde und Unabhängigkeit in der Baubegleitung ist durch rechtliche Bestimmungen sicherzustellen.

9. Wir halten es in diesem Zusammenhang für erforderlich, die in Vorbereitung befindliche Verordnung nach § 54 (1) Nr. 2 BNatSchG für die Verantwortungsarten abzuschließen und ins Verfahren zu bringen. Besonders schützenswerte Insektenarten sollten dabei als Verantwortungsarten den FFH-Arten gleichgestellt werden. Eine Expertenkommission ist dazu unter der Federführung des BfN und unter Einbeziehung der Fachgesellschaften, der relevanten Forschungsinstitutionen sowie der Verbände einzurichten. Diese Expertenkommission soll einen Entwurf erarbeiten, der bis 2021 in Kraft tritt.

Die detaillierte Stellungnahme zum Entwurf kann hier heruntergeladen werden.