Berg Frei! – so lautet der Gruß der NaturFreunde. Doch woher kommt das eigentlich? Die Berge sind doch zugänglich! Oder sollen da etwa neue Ressourcen herausgeholt werden? Wofür stehen wir eigentlich heute auf und wen grüßen wir damit?
Das “Berg frei“ als offiziellen Gruß der NaturFreunde hört man heute eher selten. Wenn wir heute in der Natur unterwegs sind, ist es für uns nicht mehr vorstellbar, dass um das Grundrecht des freien Zutritts ins Gebirge, in Wald und Fluss gekämpft werden musste. Jeder Grundeigentümer, ob Bäuerlein, Jagdpächter oder Großgrundbesitzer, hatte das Recht, Fremde von seinem Grund und Boden zu verweisen. Von Anfang an, also seit 1895, kämpften die NaturFreunde um das Betretungsrecht der Landschaft. Wie kamen sie darauf?
Das ausgehende 19. Jahrhundert hatte dem Fabrikarbeiter einen freien tag in der Woche gebracht, an dem er sich im Gegensatz zu früher nicht mehr ums Vieh im Stall kümmern musste. So entstanden unter anderem der Personenverkehr mit der Eisenbahn, das Ski-Laufen, die Wanderbewegung als Ausgleich zur Tätigkeit in Werkhalle und Büro. Dazu kam der Einfluss der Persönlichkeiten wie Karl Marx und August Bebel.
1900 machte die Ortsgruppe Graz “Berg frei“ zum Gruß ihrer Mitglieder
Die Gründerväter der NaturFreunde waren Sozialisten in Österreich. Im März 1895 inserierte der Sozialist und Lehrer Georg Schmiedl in der „Arbeiterzeitung“, um Gleichgesinnte zur Gründung einer „touristischen Gruppe“ zu finden. Erfolgreich startete so am Ostersonntag der erste Ausflug in den Wiener Wald. Im September dann gründeten 185 Männer und Frauen in Wien den „Touristenverein Die Naturfreunde“. Er bemühte sich, einer breiteren Bevölkerungsschicht naturnahe und kostengünstige Freizeit- und Reiseaktivitäten zu ermöglichen.
1900 machte die Ortsgruppe Graz “Berg frei“ zum Gruß ihrer Mitglieder. Es ist der Schlachtruf im Kampf um das Recht, die Landschaft in den Alpen zu betreten, ohne die Erlaubnis der Grundbesitzer einholen zu müssen. Auch in Deutschland hatte man noch bis zum 1. Weltkrieg zum Beerenpflücken oder Pilze sammeln zu warten, bis der Fürst für ein paar Tage den Wald frei gab.
Das Signet der NaturFreunde, der Handschlag mit drei Alpenrosen, steht für die Solidarität der Arbeiterbewegung. Man verstand sich von Beginn an als politische Organisation der Arbeiter und bekam das zu Spüren. Die NaturFreunde wurden von den Nazis verboten und in der Nachkriegszeit musste im Westen der Begriff sozialistische Gesellschaft aus dem Statut entfernt werden. Im Osten gab es für sie Betriebssportgemeinschaften.
Inzwischen existiert die NaturFreunde-Bewegung weltweit und auch im Flachland. „Berg frei“ ist vielleicht etwas irreführend geworden. Den autoritären Grundbesitzer von damals gibt es nicht mehr in dieser Form. Seine eigentumsrechte sind eingeschränkt. Nach Grundgesetz § 14 (2) gilt: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich der Allgemeinheit dienen.“ Heute darf in Deutschland die freie Landschaft außerhalb der Städte und Dörfer betreten werden.
Aber es gibt viele, die Ansprüche erheben und es gibt den Rechtsstaat: Einige bekommen eher Recht als andere. Da sind weiter reiche Grundbesitzer mit den besseren Rechtsanwälten und Lobbyisten. Staatliche Stellen okkupieren Flächen im Interesse der Allgemeinheit. Da sind die Naturschützer, die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, die Touristikunternehmen, die Jäger, Natursportler, Reiter, der Wunsch nach besseren Autostraßen und der Drang nach Eigenheim mit kurzem Rasen und Zaun darum.
“Berg frei“ heißt heute für die NaturFreunde: Nutze deine Möglichkeiten, lass den Waldweg nicht zuwachsen, schone respektvoll, was du unter Natur verstehst und nicht zuletzt: Rechte müssen verteidigt werden – auch über den Wald und den Berg hinaus.
Walter Teuschel und Günter Müller
NaturFreunde Jena