Klimabahn: Die Bahnpolitik an den Klimazielen ausrichten!

Das Konzept zeigt die großen Potenziale der Bahn für den Klimaschutz

Der Verkehrssektor in Deutschland hat ein Klimaproblem. Seine Treibhausgasemissionen steigen, obwohl die Bundesrepublik bis zum Jahr 2045 klimaneutral sein will. Eine klimafreundlichere Verkehrspolitik kann das ändern, wenn sie nicht länger dem Autoverkehr Prioritäten einräumt, sondern stattdessen die Bahn stärker fördert.

Denn die Bahn ist nicht nur grundsätzlich klimafreundlicher als das Auto, sondern kann auch einen noch viel größeren Beitrag als bisher zum Klimaschutz leisten. Das Konzept der Klimabahn beschreibt, was dafür geschehen müsste. Stichworte sind unter anderem: Kapazität vor Spitzentempo, Verdichtung der Takte, Verlagerung der Güter auf die Schiene sowie Investitionen nach Klimawirkung statt Prestige.

Unter dem Begriff Klimabahn versteht man ein Bündel an Maßnahmen, mit denen sich ein signifikanter Anteil des Straßenverkehres auf die Schiene verlagern lässt, um große CO₂-Einsparungen im Verkehrssektor zu erreichen.

Die NaturFreunde Deutschlands engagieren sich für eine klimafreundliche Verkehrspolitik und werben mit der Initiative Klimabahn dafür, dass die Bahn in ihren Klimaschutzpotenzialen stärker wahrgenommen und gefördert wird.

Warum der Verkehr ein Klimaproblem hat

Der Verkehrssektor in Deutschland ist der drittgrößte Emittent von Treibhausgasen. Gemeinsam mit Autoindustrie, Vorproduktion und Straßenbau verursacht er sogar fast 30 Prozent der deutschen Gesamtemissionen – mit steigender Tendenz. Zwar sinken die kilometerbezogenen CO₂-Emissionen des PKW-Verkehrs seit 1995, dafür werden mehr Kilometer gefahren und die Fahrzeuge werden immer größer und schwerer. Auch beim LKW-Verkehr sind die Fahrleistungen in den letzten Jahrzehnten immer weiter angestiegen.

So kann es nicht weitergehen. Denn Deutschland hat sich mit dem Bundes-Klimaschutzgesetz als Ziele gesetzt, seine Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 zu mindern und bis zum Jahr 2045 die Klimaneutralität zu erreichen.

Vernetzungstreffen
Die NaturFreunde Deutschlands und die Initiative Klimabahn laden Interessierte aus Verbänden und weiteren zivilgesellschaftlichen Zusammenhängen zu einem Vernetzungstreffen am 28. November 2025 (11-14 Uhr) ein.
Deutscher Naturschutzring
Marienstr. 19-20
Tagungsraum im 2. OG
10117 Berlin
Details und Anmeldung

Damit diese Klimaziele erreicht werden können, müssen die Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors massiv reduziert werden: Es geht um mindestens 30 Millionen Tonnen CO₂/Jahr bis 2030 und schon 50 Millionen Tonnen CO₂/Jahr bis 2035. Solche großen Einsparungen sind nur mit einer Vervielfachung des Schienenverkehrs zu schaffen. Es braucht also nicht weniger als eine Mobilitätswende, die große Anteile des Straßenverkehrs auf die Schiene verlagert.

Allerdings priorisiert die bisherige Ausbaustrategie der Bahn extrem teure Großprojekte mit langer Bauzeit und geringer Netzwirkung wie Hochgeschwindigkeitsstrecken und Prestigebahnhöfe. Das bindet Ressourcen – und verursacht durch massiven Stahlbetoneinsatz noch zusätzliche CO₂-Emissionen. So lassen sich die nötigen Verlagerungen nicht erreichen.

Wie die Schiene Straßenverkehr sparen kann

Tatsächlich wäre eine Verlagerung des Straßenverkehrs auf die Schiene selbst in diesen CO₂-Dimensionen relativ schnell machbar, wenn sich die Bahnpolitik auf die beiden größten Verlagerungspotenziale konzentrieren würde: Im Personenverkehr sind das Fahrten mit mittleren Entfernungen zwischen 15 und 250 Kilometern, im Güterfernverkehr die tendenziell langen Strecken ab insbesondere 250 Kilometern. Dafür müssen beide Segmente attraktiver werden.

Zwei wichtige Hebel sind hier entscheidend: ein dichteres Taktangebot im Personenverkehr sowie eine Harmonisierung der Durchschnittsgeschwindigkeit auf der Schiene für Personen- und Güterverkehre. Denn momentan müssen Güterzüge zu oft auf Abstellgleisen warten, weil schnelle Personenzüge Vorrang haben. Wenn Personen- und Güterverkehre gleich schnell sind, können Güterverkehre regelmäßig in den Rhythmus der Reisezüge eingereiht und dadurch verlässlicher geplant werden. Das würde viel mehr Waren auf die Schiene bringen.

Trotz der teilweise langsamer fahrenden Personenzüge würden sich die Reisezeiten für viele Fahrgäste dabei verkürzen, wenn parallel das Taktangebot verdichtet wird. Dadurch gäbe es kürzere Wartezeiten und mehr Verlässlichkeit – starke Argumente für die Nutzung der Bahn. Es geht also um Takt vor Tempo.

Was die Politik dabei vorgeben muss

Die Bahnpolitik braucht einen Paradigmenwechsel: Sie muss auf eine schnelle und maximale Reduktion der CO₂-Emissionen ausgerichtet werden. Ein strategisches Ziel muss dabei sein, dass eine maximale Verlagerung des Pkw- und Lkw-Verkehrs auf die Schiene stattfindet. Alle Investitionen der Bahn sollten sich deshalb an den größten Verlagerungspotenzialen auf die Schiene sowie den größten Klimaschutzpotenzialen orientieren. Klimaschädliche Großprojekte und die Fixierung auf wenige, aber teure Prestigeprojekte müssen zudem beendet werden. So kann die Bahn sehr schnell zu einem Motor im Klimaschutz werden.

Eine Treibhausgas reduzierende Strategie der Bahn beginnt mit dem Fahrplan, optimiert dann Betriebsweise und Engpässe und baut erst danach gezielt aus – immer gemessen an Klimawirkung und Verlässlichkeit. Kurz: Eine Klimabahn richtet sich an den Klimazielen und der Kundenfreundlichkeit aus.

Das Konzept der Klimabahn in vier Ansätzen

Die Bahnpolitik muss also viel ökologischer ausgerichtet werden, der Klimaschutz in ihren Mittelpunkt. Dieser Paradigmenwechsel braucht zwar politischen Mut, ist mit dem Konzept der Klimabahn praktisch aber relativ einfach umsetzbar. Vier Ansätze:

> Tempo harmonisieren, Kapazität heben
Auf allen überlasteten Strecken sollte eine Tempo-Harmonisierung auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 120 km/h eingeführt werden. Weniger Spitzengeschwindigkeit steigert die Gesamtleistung des Netzes, denn so werden Überholkonflikte reduziert. Weniger Überholungen bedeuten stabilere Abläufe, mehr Züge pro Stunde und verlässliche Tagestrassen für den Güterverkehr. Das ist die schnellste Maßnahme mit großer Hebelwirkung – und sie bereitet spätere Ausbauten sinnvoll vor.

> Takte verdichten, Anschlüsse sichern
Konkurrenzfähig wird die Bahn mit kurzen Wartezeiten und robusten Umstiegen: mindestens Halbstundentakte in der Fläche und auf Hauptachsen Verdichtung bis zum Zehn-Minuten-Takt, zudem mehr Halte, gute Knoten, einfache Tarife, barrierefreier Komfort mit Platz für Gepäck und Räder. So entstehen reale Reisezeitgewinne – selbst wenn einzelne Fernzüge punktuell langsamer fahren.

> Zwei Verlagerungsschwerpunkte bedienen
Im Personenverkehr liegt das größte Verlagerungspotenzial bei Distanzen zwischen 15 und 250 Kilometern, wo der Bahnanteil im Vergleich zum PKW noch sehr schwach ist. Hier müssen die Angebote besser werden. Beim Güterverkehr wird die Schiene mit steigender Entfernung immer attraktiver. Allerdings müssen Güterzüge momentan noch viel zu oft auf schnelle Personenzüge warten. Damit Speditionen die Bahn stärker nutzen, müssen Güterzüge zuverlässiger und ohne lange Wartezeiten ans Ziel kommen. Beide Bereiche profitieren direkt von Taktverdichtung und Tempo-Harmonisierung.

> Nach Klimawirkung statt Prestige investieren
Investitionsvorrang müssen Engpassbeseitigung, Stellwerksmodernisierung sowie netzstärkende Ausbauten haben. Großprojekte mit langer Bauzeit und geringer Kapazitätswirkung müssen zurückgestellt werden. Ziel ist ein verlässliches Grundgerüst, das dichte Takte trägt – und damit Verlagerung ermöglicht.

Neben den CO₂-Einsparungen erreicht das Konzept der Klimabahn übrigens auch, dass Emissionen bei Lärm, Abgasen und Schadstoffen reduziert werden. Zudem sorgt es dafür, dass allen Menschen im Land eine attraktive und bezahlbare Mobilität angeboten werden kann – kombiniert mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln sowie Rad- und Fußwegen.

Das Konzept der Klimabahn versteht sich dabei als wichtige Ergänzung zum Zukunftsbahn-Konzept des Bündnisses Bahn für Alle, in dem sich die NaturFreunde Deutschlands ebenfalls engagieren.

Was wir nun tun können – ganz praktisch

Nur mit attraktiven Angeboten auf der Schiene kann massenhaft Straßenverkehr ersetzt werden. Das Konzept der Klimabahn macht sehr gute Vorschläge, wie diese Angebote erstellt werden können – und zwar klimafreundlich und vorteilhaft für Bahnfahrende.

Die NaturFreunde Deutschlands und die Initiative Klimabahn engagieren sich dafür, dass die Bahn viel stärker als bisher in ihren Klimaschutzpotenzialen wahrgenommen und entsprechend gefördert wird. Dabei freuen wir uns über weitere Mitstreiter*innen. Denn Bahnpolitik und Bahn werden sich nur ändern, wenn genügend politischer Druck aufgebaut wird.

Mehr Informationen & Kontakt:
NaturFreunde Deutschlands
Bundesfachbereich Naturschutz, Umwelt und Sanfter Tourismus (NUST)
Arbeitsgruppe Mobilität
klimabahn@naturfreunde.de
www.naturfreunde.de/klimabahn