Die Gründung der Oberrheinischen NaturFreunde Internationale

1948 – drei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg – entsannen sich die Mitglieder des „Touristenvereins Die NaturFreunde“ in der Schweiz, dass dieser Verein schon seit seiner Gründung im Jahre 1895 eine internationale Vereinigung war. Also schrieben sie die ihnen noch bekannten Freunde in Deutschland und Frankreich an und baten um Rückmeldung.

Dieses Unterfangen war schon deshalb schwierig, weil die NaturFreunde von den Nationalsozialisten in Deutschland verboten worden waren. Doch der Schweizer Brief hatte Erfolg. Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich fanden sich noch NaturFreunde, welche den Krieg überlebt hatten. Also luden die Freunde aus der Schweiz zu einem Gespräch nach Basel ein. Alle waren sich bewusst, dass es sich um einen völligen Neuanfang handelt, wobei die Vorurteile in Frankreich gegenüber den Deutschen nach all dem, was im Krieg geschehen war, sehr groß waren.

In einem Lokal in Basel fand das erste Treffen statt

Im Herbst 1949 traf man sich zu Vorgesprächen in Basel. Zunächst mussten die Pässe mit einem Visum zur Ausreise aus Deutschland beantragt werden. Das dauerte recht lange, denn in den Formularen waren besonders die Gründe für das Verlangen nach einem Visum ausführlich zu beschreiben. Doch es gelang, und im Herbst 1949 trafen sich sieben NaturFreunde aus Freiburg und sechs NaturFreunde aus Frankreich mit vielen Mitgliedern aus der Schweiz in einem Lokal in Basel.

Die Teilnehmer aus Deutschland hießen Rolf Korter, Oskar Kiefer, Rudolf Berthold, Georg Leimenstoll, Bertl Lehmann, Robert Ruh (später Bürgermeister in Freiburg) und Werner Kästle. Letzterer war erst 17 Jahre alt und hatte deshalb besondere Schwierigkeiten bei der Beschaffung eines Reisepasses zu überwinden. Er brauchte nämlich einen Bürgen.

Langsam tastete man sich gegenseitig mit ausgewählten Worten ab. Doch schnell entstand ein guter Kontakt, denn aus allen drei Ländern waren Mitglieder dabei, die schon vor 1933den NaturFreunden angehört hatten. Zudem löste sich das Sprachproblem sofort, denn alle französischen NaturFreunde kamen aus dem Elsass, sprachen also deutsch.

Wandern kennt keine Grenzen

Zunächst war die Frage aktuell, wer alles von den bekannten Mitgliedern überhaupt den schrecklichen Krieg überlebt hatte. Das Trauern über den Verlust so manches treuen früheren Freundes schweißte die Gruppe schnell zusammen. Unsere Senioren schmiedeten noch an diesem Tag Pläne. Eigentlich entstand ohne große Umschweife bereits ein internationales Begegnungsprogramm. Als Völker verbindendes Motto kristallisierte sich schnell ein Slogan heraus. Dieser hieß ganz profan: „Wandern kennt keine Grenzen“.

Von den Elsässern kam der Vorschlag, man könne sich doch nicht nur zum Wandern treffen, es wäre doch in allen drei Ländern möglich, sich im Winter zu einem Skirennen zu verabreden. Dabei  würden natürlich auch Meisterschaften zum Austrag kommen.

Auf der Agenda stand auch der grenzübergreifende Naturschutz

Die Freunde aus Deutschland sprachen ein Thema an, das ringsum Erstaunen hervorrief. Wir schlugen vor, dass man sich grenzübergreifend um den „Naturschutz“ bemühen müsse. Dabei dachten wir besonders an den Pflanzenschutz, denn wir NaturFreunde aus Freiburg hatten schon 1948 das Protektorat über ein Orchideen-Schutzgebiet im Jennetal bei Ebringen am Schönberg übernommen. Auch diese Idee fiel auf fruchtbaren Boden.

So saßen wir bis um 18:30 Uhr an diesem Tag bei Kaffe, Tee und Kuchen, den die Schweizer NaturFreunde besorgt hatten, zusammen. Wir aus Freiburg mussten um 19:30 Uhr am Badischen Bahnhof sein, denn da fuhr der letzte Zug, der in Freiburg einen Halt hatte. Doch bevor wir uns trennten, war ein provisorisches Programm entstanden, das sich in den folgenden Jahren immer mehr festigte.

Der vorläufige Beschluss lautete:

  • Die NaturFreunde aus den drei alemannisch sprechenden Landesteilen Elsass, Baden und der Nordschweiz vereinbaren verbindlich, dass man sich zukünftig regelmäßig treffen wolle.
  • Es soll zunächst ein Sommertreffen und auch ein Wintertreffen geben.
  • Jedes Jahr sollen die Treffen in einem anderen Land stattfinden.
  • Das jeweils veranstaltende Land wählt sich als verantwortlichen Organisator einen Präsidenten. Dessen Amtszeit ist jeweils auf ein Jahr beschränkt. Er bestimmt mit seinen Freunden den Ort und das Thema des Treffens.
  • Die länderübergreifende Organisation, zu der alle Sektionen der NaturFreunde aus dem ausgewählten Gebiet gehören, nennt sich „Oberrheinische-Naturfreunde-Internationale“ (ONI).
  • Ein Beitrag wird nicht erhoben, denn alle Mitglieder bezahlen ja bereits einen Jahresbeitrag in ihren Sektionen.

Das alles waren nur Vorschläge. Jetzt musste die Idee in allen drei Ländern in die Tat umgesetzt werden. Dafür waren viele Gespräche und Konferenzen in den einzelnen Sektionen und Ortsgruppen notwendig. Doch der Wille zur Völkerverständigung siegte.

Im Herbst 1950 traf man sich im elsässischen Naturfreundehaus „Le Treh“ in den Vogesen . Wieder waren positiv eingestellte NaturFrreunde aus dem Elsass, aus der Nordschweiz und aus Südbaden angereist. Die schon früher gemachten Vorschläge wurden akzeptiert und mit sofortiger Wirkung in die Tat umgesetzt. Einstimmig wurde der Beschluss gefasst, dass die Vereinigung der NaturFreunde aus den drei alemannisch sprechenden Grenzländern von nun an „Oberrheinische-Naturfreunde-Internationale“ (ONI) heißen solle.

1952: viele Stürze beim ersten Skirennen in den Vogesen

Am 2. und 3. Februar 1952 fand das erste Skirennen in den Vogesen bei dem Haus auf dem „Treh“ statt. Veranstalter war die Sektion Mulhouse mit ihrem Präsidenten „Gusti Ottmann“. Dabei waren aus Freiburg 15 NaturFreunde. Reiseleiter war Rudolf Bertold aus Freiburg.

Von nun an hielt man sich genau an die Vorgaben aus dem Gründungsprotokoll. Man traf sich im Sommer zu einer gemeinsamen Wanderung und im Winter zu einem Skirennen. Im Herbst besprach man alles auf einer Herbstkonferenz, und im kommenden Frühjahr wählte man in einer Frühjahrskonferenz nach einem Rückblick auf das Geschehene einen neuen Präsidenten.

Bis zum heutigen Tag besteht die „ONI“. Wandern, Skifahren und vor allen Dingen der Gedanke des Natur- und Landschaftsschutzes, spielen nach wie vor eine große Rolle. An oberster Stelle steht jedoch der Gedanke der grenzübergreifenden Völkerverständigung. Friedliebende Menschen aus drei Ländern haben sich geschworen, nie wieder eine Waffe gegeneinander zu erheben. Was wir heute im politisch schwer erkämpften Europagedanken mit der Gemeinschaftswährung des Euro erreichen konnten, das haben die NaturFreunde aus den drei Ländern schon gleich nach dem „Zweiten Weltkrieg“ praktiziert und der großen Politik vorgelebt.

Werner Kästle
NaturFreunde Freiburg
geschrieben am 20.10.2013

Aus einem schweizerischen Zeitungsartikel vom 5. Februar 1952      

Am Sonntag, dem 3. Februar, traten aus Frankreich, Deutschland und der Schweiz auf Einladung des TVN Mulhouse 65 Skifahrer zu einem Slalom an. Die OG Mulhouse steckte bei ihrem Haus auf dem Treh einen flüssigen Slalom von ca. 300 Meter Länge mit 30 Toren aus. Am Samstag und in der Nacht auf den Sonntag war Schnee gefallen, aber die Wettkämpfer halfen den Organisatoren den Hang ganz neu zu präparieren.

Gestartet wurde in vier Klassen. Herren, Damen, Junioren und Veteranen. Für die besten der ersten drei Klassen hatte das „Office Municipal de Sport“ aus Mulhouse Pokale gestiftet. Mit einer Verspätung von über einer Stunde und bei heftigem Schneetreiben konnte dem ersten Fahrer die Piste frei gegeben werden.

Dass es bei diesen Schneeverhältnissen ziemlich viele Stürze gab, war nicht verwunderlich. Dennoch lassen sich die Zeiten sehen. Den 400 Zuschauern, welche aus Nah und Fern erschienen waren, wurde guter Sport geboten.

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