Naturdenkmäler genießen wegen ihrer Seltenheit einen besonderen Schutz
Als der Wiener NaturFreund August Wesely dazu aufrief, „Naturdenkmäler“ zu schützen, gab es noch keine Definition dafür. 1928 schrieb er in der NaturFreunde-Mitgliederzeitschrift: „Wenn wir aber wahre NaturFreunde sein wollen, dann haben wir bei unseren Bergfahrten nicht allein sportliche Zwecke zu verfolgen, sondern müssen auch die uns umgebende Natur beobachten.“ Zu den Naturdenkmälern zählte Wesely damals auf zwei dicht beschriebenen Seiten neben Alpengipfeln, Gletschern und alten großen Bäumen auch Edelweiß, Murmeltiere und Schmetterlinge.
Das ginge heute nicht mehr. Paragraf 28 des Bundesnaturschutzgesetzes beschreibt Naturdenkmäler als „rechtsverbindlich festgesetzte Einzelschöpfungen der Natur oder entsprechende Flächen bis zu fünf Hektar, deren besonderer Schutz erforderlich ist 1. aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder 2. wegen ihrer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit.“ Die Ausweisung eines Naturdenkmals führt zu einem weitgehenden Veränderungsverbot. Die International Union for Conservation of Nature (IUCN) definiert: „Gebiete, die besondere Naturerscheinungen schützen, eine Geländeformation, einen untermeerischen Berg, eine Unterwasserhöhle, ein Geotop wie eine Höhle oder sogar ein lebendiges Gebilde wie ein alter Hain. Diese Gebiete sind meist recht klein und haben hohe Besucherwirksamkeit.“
Schwierig ist es nicht, Naturdenkmäler in der eigenen Nachbarschaft zu finden. Das Internet gibt Auskunft, wo welche Naturdenkmäler in den jeweiligen Bundesländern geschützt werden. So gibt es zum Beispiel in Kellenhusen an der Ostsee die sogenannte 5-Mark-Eiche: eine geschützte Stieleiche von 26 Metern Höhe mit einem Stammumfang von sechs Metern, etwa 350 Jahre alt. Dem Medailleur Maximilian von Dasio soll diese als Vorbild für die Eiche auf dem Fünf-Mark-Stück gedient haben, das zwischen den Jahren 1927 und 1933 geprägt wurde. Ein anderes Beispiel: Im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg werden wegen ihrer Schönheit eine ganze Reihe von geschützten Einzelbäumen aufgezählt: Silberahorn, Platanen, Fächerblattbaum, Balkan-Rosskastanien und Stieleichen, wegen seiner Seltenheit aber auch ein Lederhülsenbaum. In Leipzig sind geologische Objekte als Naturdenkmäler ausgewiesen, Granitfindlinge zum Beispiel oder ein Braunkohlequarzit. Zudem Flächennaturdenkmäler wie ein Grauwackensteinbruch oder eine Streuobstwiese. In Kleve am Niederrhein wird um eine 300 Jahre alte Buche gestritten, die letzte Zeugin einer vom Preußenkönig Friedrich I. um das Jahr 1700 angelegten Allee sein könnte. Und in Bielefeld werden neben vielen Bäumen auch Steinbrüche, Felswände und Dünen geschützt.
„Naturdenkmäler zu sehen, besser gesagt zu beachten, ist aber nicht jedermanns Sache“, kritisierte NaturFreund Wesely damals. „Weil vielen die Beobachtungsgabe fehlt, die ja nur durch den innigen Verkehr mit der Natur und ihren Geschöpfen erworben werden kann.“ Dann versprach er: Wer „schauend“ durch die Natur gehe, dem würden „mannigfache Denkmäler offenbar“, die „hohe Forscherfreuden und kostbares Wissen“ einbrächten".
Eckart Kuhlwein
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in NATURFREUNDiN 3-2014.