NaturFreunde fordern Nachbesserungen am deutschen Umsetzungsgesetz der sogenannten Wiederherstellungsverordnung
Klimakrise, Artensterben, Raubbau an Böden und Gewässern: Die Natur als Lebensgrundlage des Menschen steht massiv unter Druck. Über Jahrzehnte wurde weltweit Natur verbraucht, als gäbe es ein unbegrenztes Ersatzteillager. Die Folgen sind messbar. Rund 80 Prozent der geschützten Lebensräume in der EU gelten laut Europäischer Umweltagentur als in schlechtem Zustand. In Deutschland sind viele Biotope fragmentiert, der Flächenverbrauch steigt weiter.
Im Jahr 2022 hatte sich die Weltgemeinschaft beim Weltnaturabkommen von Kunming-Montreal verpflichtetet, den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen und geschädigte Ökosysteme wiederherzustellen. Die EU übersetzte dieses Versprechen 2024 dann in ein Gesetzespaket: die sogenannte Verordnung über die Wiederherstellung der Natur, kurz: WVO. Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten, nationale Wiederherstellungspläne zu erarbeiten und konkrete Ziele für Land-, Süßwasser-, Küsten-, Stadt- und Waldökosysteme umzusetzen.
Schon vor der Verabschiedung stand die WVO im Kreuzfeuer – attackiert von konservativen Fraktionen, Teilen der Agrarwirtschaft und immobiliennahen Verbänden. Die Kritik: zu teuer, zu bürokratisch, Gefahr für Ernährungssicherheit und Bauvorhaben. Für Umweltverbände sind diese Einwände vorgeschoben. Denn die Kosten des Nicht-Handelns würden um ein Vielfaches höher ausfallen.
In Deutschland liegt nun ein Gesetzentwurf zur Durchführung der EU-Verordnung vor. Die NaturFreunde Deutschlands hatten sich bereits im Juli gemeinsam mit anderen Organisationen im Verbändeappell „Gemeinsam für unsere Natur“ dafür stark gemacht, die WVO entschlossen und ohne Blockade umzusetzen. Als anerkannter Umweltverband konnten die NaturFreunde nun im Rahmen der Verbändeanhörung ihre Stellungnahme (PDF-Download) zum Gesetzentwurf abgeben und fordern Nachschärfungen. Ihre zentralen Punkte:
- Verbindlichkeit: Formulierungen wie „in angemessenem Umfang“ bei den Pflichten des Bundes seien zu vage – klare Vorgaben seien nötig.
- Beteiligung: Der Nationale Wiederherstellungsplan müsse unter Einbindung von Kommunen, Umweltverbänden und der interessierten Öffentlichkeit entstehen, nicht nur zwischen Behörden.
- Transparenz: Die im Zuge von Überwachung und Berichterstattung erhobenen Daten müssten öffentlich zugänglich sein.
- Zuständigkeit: Das Bundesamt für Naturschutz solle als fachlich verantwortliche Behörde im Gesetz benannt werden.
Für die NaturFreunde ist die Wiederherstellung der Natur keine symbolische Maßnahme, sondern eine „dringend notwendige und sinnvolle Investition in unsere Zukunft“ – und erfordert zügiges Handeln sowie eine solide Finanzierung.
Ob Deutschland mit einem starken, klaren und partizipativen Gesetz vorangeht, entscheidet nicht nur über den Zustand der heimischen Natur. Es sendet auch ein Signal, ob die EU-Strategie zur Wiederherstellung der Natur den Sprung aus den Verhandlungssälen in die Landschaft schafft – oder im politischen Gegenwind stecken bleibt.