Von den Millennium Goals aus dem Jahr 2000 zu den Nachhaltigkeitszielen bis 2030

Im Jahr 2000 lautete das Motto der Vereinten Nationen „No excuse!“ – keine Ausreden, keine Entschuldigungen mehr! Weniger Hunger, weniger Armut, weniger Kindersterblichkeit, mehr Gleichberechtigung: Die Mitgliedsstaaten der UNO wollten die Welt endlich besser machen. Zu diesem Zweck verabschiedeten sie die sogenannten Millennium Goals, Jahrtausend-Ziele. 2015 läuft die Frist der Vereinten Nationen ab: In diesem Jahr wird Bilanz über die acht Ziele gezogen. Um es vorwegzunehmen: Trotz großer Fortschritte werden nicht alle Ziele erreicht.

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Es geht um Schulbildung, Frauenerwerbstätigkeit oder die Entwicklungszusammenarbeit: Diese Ausgabe der NATURFREUNDiN gibt einen letzten Zwischenstand und bilanziert jedes einzelne Millennium Goal.

17 neue Ziele bis zum Jahr 2030
Im Spätsommer wollen die Staats- und Regierungschefs dann auf einem Entwicklungsgipfel entscheiden, wie es weitergeht mit den großen Aufgaben der Menschheit. Vorbereitet werden sogenannte Sustainable Development Goals – Nachhaltigkeitsziele, die die Welt wiederum ein bisschen besser machen sollen. Geplant sind derzeit 17 Ziele mit einigen Unterzielen. Ziel Nummer 1 ist wieder der Kampf gegen die extreme Armut. Ansonsten aber geht es diesmal auch um eine nachhaltige Landwirtschaft, die Verbesserung der Hygiene, den Klimawandel oder das Management natürlicher Ressourcen. Die Seiten 8 und 9 beschreiben den Prozess.

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Die Weltverbesserungsversuche der UNO haben eine lange Geschichte. 1972 fand die erste weltweite Umweltkonferenz in Stockholm statt, 1983 gründete die UNO die internationale Kommission für Umwelt und Entwicklung, die vier Jahre später ihren Zukunftsbericht „Our Common Future“ – Federführung: Gro Harlem Brundtland – veröffentlichte.

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Brundtlands Bericht bildete die Grundlage für den Weltgipfel in Rio 1992. Die „Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung“ markierte eine historische Zäsur im Selbstverständnis der Menschheit. Unsere Spezies änderte ihre Wahrnehmung gegenüber der Umwelt. Hatte der Mensch bis dahin seine Entfaltung, seinen Aufstieg der Natur abtrotzen müssen, so war er nun selbst zur limitierenden Kraft der Umwelt geworden. Der menschliche Einfluss war alles beherrschend auf dem Planeten. Zum ersten Mal machten die Staatenführer aktenkundig, dass der Mensch die Natur besiegt hatte, dass er Herrscher über die Umwelt geworden war. „Die Staaten werden [...] die Gesundheit und die Unversehrtheit des Ökosystems der Erde [...] schützen und wiederherstellen“, heißt es in der Rio-Erklärung. Aus dem menschlichen Kampf ums Überleben in der Natur war ein Krieg des Menschen gegen die Natur geworden.

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Die Staats- und Regierungschefs beschlossen auf dem Erdengipfel in Rio weitreichende Verträge. Weil menschliche Entwicklung ohne die Lebensvielfalt anderer Arten aber unmöglich ist, unterschrieben sie die Convention on Biological Diversity, die Biodiversitäts-Konvention, mit der das weltweite Artensterben gestoppt werden sollte. Dann: Immer mehr Menschen brauchen immer mehr Nahrung. Um wenigstens die bestehenden Ackerflächen zu erhalten, wurde eine Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung beschlossen. In Rio wurden zudem eine Deklaration zum Schutz der Wälder sowie die Agenda 21 verabschiedet, ein 359 Seiten starkes umweltpolitisches Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert. Unterschrieben wurde auch die Klimarahmenkonvention, die United Nations Framework Convention on Climate Change. Mit ihr wurde die Erderwärmung offiziell zur akutesten Bedrohung der Menschheit erklärt.

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Seit Rio gibt es Vertragsstaaten-Konferenzen zu diesen Konventionen, die jährlichen Klimagipfel sind die bekanntesten. Rio-Folgekonferenzen gab es 1997 in New York, 2002 in Johannesburg und schließlich Rio+20 im Jahr 2012 – wiederum in Rio de Janeiro.

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Auf diesen Konferenzen sollte die Umsetzung der Rio-Konventionen überprüft und überarbeitet werden. Auf dem Rio+10-Gipfel bilanzierten die Teilnehmer im Jahr 2002: „Die Schäden an der Umwelt nehmen weltweit zu. Der Verlust der biologischen Vielfalt hält an, die Fischbestände werden weiter erschöpft, Wüsten verschlingen immer mehr fruchtbares Land, die nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderung sind bereits augenfällig, Naturkatastrophen werden immer häufiger und verheerender, die Krisenanfälligkeit der Entwicklungsländer steigt und durch die Verschmutzung von Luft, Wasser und Meeren wird Millionen Menschen nach wie vor ein menschenwürdiges Leben versagt.“

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Die Schäden nehmen weltweit zu
Zehn Jahre später bei Rio+20 war die kritische Bilanz unverändert. Immerhin einigten sich die Teilnehmerstaaten darauf, an einer neuen Nachhaltigkeits- und Entwicklungsagenda zu arbeiten: Die sogenannte Post-2015-Agenda soll noch in diesem Jahr von der UN-Vollversammlung beschlossen werden.

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Die UN und viele Regierungen und Nicht-Regierungsorganisationen arbeiten deshalb an den Nachhaltigkeitszielen – den Sustainable Development Goals. Man darf gespannt sein, ob die Akteure in der Welt es diesmal ernst meinen.

Eckart Kuhlwein/Nick Reimer
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in NATURFREUNDiN 1-2015.