Buchbesprechung | Der Fluch des Reichtums. Warlords, Konzerne, Schmuggler und die Plünderung Afrikas

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Der britische Journalist Tom Burgis, der unter anderem als Auslandsreporter für die „Financial Times“ in Johannesburg und Lagos arbeitete, analysiert in seinem Sachbuch, wie für viele afrikanische Gesellschaften der Reichtum an Bodenschätzen –beispielsweise Öl, Diamanten, Uran und Eisenerz – nicht zu allgemeinem Wohlstand, sondern zu einem weit verbreiteten Elend und zu einer brutalen Diktatur führt. Von den Ressourcen profitiert nur eine winzige Oberschicht, die den Staat als ihr Privateigentum betrachtet.

Beispiele für diese These sind die Entwicklung in Angola (Öl), dem Kongo (Coltan, Kobalt), Nigeria (Öl), Guinea (Bauxit, Eisenerz), Niger (Uran) und Simbabwe (Diamanten). In all diesen Staaten führen die Einnahmen aus dem Bergbau beziehungsweise aus Förderlizenzen dazu, dass der Staat auf Steuern kaum mehr angewiesen und der Einfluss der Zivilgesellschaft gering ist. Die Auseinandersetzungen in der politischen Elite drehen sich darum, wer den größten Anteil am Handel mit Lizenzen, Lizenzgebühren und Abgaben der Bergbau- und Ölkonzerne erhält. Dabei gelingt es der Handvoll international agierender Konzerne ihre Abgaben durch konzerninterne Verschiebung der zu leistenden Steuern zu minimieren.

Tom Burgis: Der Fluch des Reichtums. Warlords, Konzerne, Schmuggler und die Plünderung Afrikas. Frankfurt: Westend Verlag, 2016. 352 S., 24 € (Eine Lizenzausgabe für 4,50 € ist bei der Bundeszentrale für politische Bildung erhältlich.)

Sofern es sich bei den Ländern zumindest formal um Demokratien handelt, wie etwa in Nigeria oder dem Kongo, haben politische Auseinandersetzungen oft eine ethnische und/oder religiöse Komponente. Da steht dann etwa in Nigeria der überwiegend muslimische Norden gegen den mehrheitlich christlichen Süden. Die häufige Folge sind Pogrome gegen die jeweiligen Minderheiten.

Nicht selten werden die Konflikte um die Gewinne aus den Rohstoffen zwischen oft kriminellen „Befreiungsbewegungen“ und korrupten, inkompetenten Regierungsarmeen geführt. Beispiele sind etwa das Nigerdelta mit seinen Ölvorkommen, wo multinationale Firmen wie Shell zum Teil an die Warlords zahlen. Ähnlich chaotisch ist die Lage im Ostkongo, wo räuberische, ethnische „Befreiungstruppen“ um die Rohstoffbeute kämpfen.

Als neuer Akteur ist in den vergangenen Jahrzehnten China aufgetaucht. Ein Beispiel für ein staatsnahes Konglomerat ist die Queensway Gruppe um den früheren Geheimdienstmitarbeiter und Waffenhändler Sam Pa. Der vielfach verschachtelte Konzern ist unter anderem an Angolas Ölvorkommen und Simbabwes Diamantenlagerstätten beteiligt. Dabei ist es schwierig, den Umfang der Beteiligungen und die Nähe zum chinesischen Staatsapparat genauer herauszufinden. So sitzen die Firmen in Steuerparadiesen wie den britischen Jungferninseln, wo nicht nur keine Steuern erhoben werden, sondern es auch keine Veröffentlichungspflichten gibt.

Auch andere fragwürdige Akteure wie der Israeli Dan Gertler oder sein Landsmann Leviev sind etwa im Diamantengeschäft im Kongo und in Angola aktiv. Und der französische Staatskonzern Areva hat sehr wenig zur Entwicklung Nigers beigetragen, wo er seit Jahrzehnten Uran fördert.

Eher am Rande geht Burgis auf Simbabwe und Südafrika ein. In Südafrika ist erstaunlich, mit welcher Geschwindigkeit sich frühere Befreiungskämpfer in Minenmogule verwandelt haben, wie etwa der frühere Chef der Bergarbeitergewerkschaft Cyril Ramphosa, der seit 2014 Vizestaatspräsident ist. In Simbabwe gelang es Präsident Mugabe mit chinesischer Hilfe einen Schattenstaat zu errichten, der aus den kaum versteuerten Einnahmen der Diamantenfelder gespeist wird.

Insgesamt ein spannendes Buch, das Hintergrundinformationen zur Lage in eigentlich reichen, tatsächlich aber bitterarmen Ländern Afrikas bietet.

Peter Bräunlein, NaturFreunde Ulm