#StopKohle: Es geht um den Klimaschutz

Rede des NaturFreunde-Bundesvorsitzenden Michael Müller zur "Stop Kohle"-Demonstration am 24. Juni in Berlin

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In unserem Land leben wir im Frieden. Aber wir sind dennoch mitverantwortlich für eine Gewalt, die unsere Welt unbewohnbar macht. Deshalb sind wir hier.

Wir wollen verhindern, dass die Wetterextreme zunehmen, dass die Wüsten wachsen, dass Polkappen schmelzen, dass ganze Länder überflutet werden und dass die Ernährungskrisen noch größer werden. Wir sind hier, weil es um den konsequenten Schutz des Klimas gehen muss.

Seit 30 Jahren sind die Gefahren der Erderwärmung bekannt. Der Klimawandel ist das Virus, das die Menschheit in die ökologische Selbstvernichtung treibt. Die Naturvergessenheit ist ein Krieg mit der Zukunft, aber der Widerspruch zwischen Wissen und Handeln nimmt immer weiter zu.  Auch die deutsche Klimapolitik hat ihre Glaubwürdigkeit längst verloren.

1990 hat der Bundestag eine globale Erwärmungsobergrenze von 1,5 Grad Celsius festgelegt. Im ersten Schritt sollten die Treibhausgase in den alten Bundesländern um mindestens 30 Prozent reduziert werden und in ganz Deutschland um einen noch sehr viel höheren Wert. Davon sind wir weit entfernt. Tatsächlich steigen die Treibhausgase auch in unserem Land wieder an.

International hat der UN-Erdgipfel 1992 einstimmig den Klimarahmenvertrag beschlossen. Seitdem hat sich der Ausstoß der Kohlendioxid-Emissionen verdoppelt. Auch der Pariser Klimavertrag von 2015 reicht bei Weitem nicht aus. Die dortigen Selbstverpflichtungen würden zu einer Erwärmung von knapp drei Grad führen. Und wir wissen, was von Selbstverpflichtungen zu halten ist.

Deshalb: Es muss Schluss sein mit der Lüge von der unbegrenzten Verfügbarkeit der natürlichen Ressourcen. Wir können nicht länger warten. Das Ende des Lebens ist vorstellbar geworden. Mit der rücksichtslosen Ausbeutung der Natur läuft der Mensch Gefahr, nicht nur die Natur zu zerstören, sondern selbst zum Opfer der Zerstörung zu werden.

Wir sind nicht hier, weil die Kohle-Kommission scheitern soll. Dafür ist die Menschheitsfrage Klimawandel viel zu wichtig. Aber wir sind hier, weil die Zukunft nicht an Gier und Egoismus, an Verachtung der Schöpfung und Verantwortungslosigkeit zugrunde gehen darf.

Wie wir mit dem Klimawandel umgehen, entscheidet, ob unser Jahrhundert ein Jahrhundert der Gewalt und der Zerstörung wird oder ob wir den ökologischen Kolonialismus beenden, der schon heute die ärmsten Weltregionen und künftige Generationen trifft.

Wir sind hier, weil wir den Klimaschutz ernst nehmen, weil wir keine Kohle-Kommission wollen, die zum Interessenpoker um die Kohle wird. Es muss klar sein: Wir müssen schnell raus aus der Verbrennung von Kohlenstoff. Wir verlangen, dass bis zur nächsten UN-Klimakonferenz im polnischen Katowice der Fahrplan für den schnellen Kohleausstieg feststeht.

Auf dieser Basis werden wir alles unterstützen, was den sozial-ökologischen Strukturwandel in den Braunkohlerevieren ermöglicht. Soziale Ungleichheit und ökologische Verantwortungslosigkeit liegen zusammen.

Deshalb ist klar: Wir wollen den Menschen in den Kohleregionen helfen. Es ist ein Skandal, dass im Koalitionsvertrag kein Programm für Arbeit und Umwelt vorgesehen ist. Die Erneuerung der Infrastruktur sowie die Sanierung und der Schutz der Umwelt wären das größte Arbeitsbeschaffungsprogramm – national und weltweit. Das dürfen wir nicht dem Markt überlassen.

Und es geht nicht nur um den Kohleausstieg. Wir müssen das fossile Zeitalter insgesamt beenden. Wir brauchen eine neue, eine sozial-ökologische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Eine Verkehrswende, es ist ein Skandal, dass die SUVs, die Vorstadtpanzer, im letzten Jahr in Deutschland die höchste Zuwachsrate hatten. Eine Agrarwende, weil zum Klimaschutz auch der Schutz der Böden und der biologischen Vielfalt gehört.

Deshalb: Es muss endlich Schluss sein mit halbherzigem Handeln, mit folgenlosen Beschlüssen und unanständiger Interessenpolitik. Wir haben nicht mehr viel Zeit, eine Klimakatastrophe zu verhindern. Deshalb brauchen wir den schnellen Ausstieg aus der Kohleförderung. Wir müssen zeigen, dass wir die wissenschaftlichen Erkenntnisse endlich ernst nehmen.         

Der Ausgangspunkt der Kohle-Kommission kann allein der Klimawandel sein. Daran werden sich Personen und Inhalte messen lassen müssen. Natürlich werden die Umweltverbände alles unterstützen, was soziale Härten verhindert und den Strukturwandel fördert. Das gilt allerdings nur unter der Maßgabe, dass wir einen vorbildlichen Beitrag leisten, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Das ist unsere historische Verantwortung.