Unter 2 Grad? Klimaschutz und COP23

Positionspapier von Michael Müller / Joachim Nibbe / Kai Niebert / Christine Eben

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Das neue NaturFreunde-Positionspapier UNTER 2 GRAD?! beschreibt den Treibhauseffekt und seine Auswirkungen, erklärt die Klimadiplomatie, kritisiert den eklatanten Widerspruch zwischen Wissen und Handeln, hofft schließlich auf eine globale Transformation hin zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz und nennt auch die klimapolitischen Beschlüsse des 30. NaturFreunde-Bundeskongresses. Kurz:

40 Seiten geballte NaturFreunde-Expertise zu Klimaschutz und COP23.

Inhalt

1.   Die organisierte Verantwortungslosigkeit
Info 1-1: Das Klimasystem  
Info 1-2: Die Facetten des Klimawandels

2.  Der Treibhauseffekt  
Info 2-1: Der natürliche Treibhauseffekt   
Info 2-2: Der anthropogene Treibhauseffekt  

3.  Wie ändert sich das Klima in der Zukunft?
3.1   Die Sachstandsberichte des IPCC    
3.2   Die Auswirkungen des Klimawandels  
3.3   Das Verhindern von Kipp-Punkten   
Info 3-1: Die Kipp-Punkte im Klimasystem      

4.  Der Widerspruch zwischen Wissen und Handeln
4.1   Die internationale Klimadebatte
4.2 Die Klimapolitik in Deutschland    

5.  Die Hoffnung auf eine globale Transformation    
5.1   Das Paris-Abkommen  
Info 5-1: Umweltverbände in klimapolitisch relevanten Normungsgremien    
Info 5-2: Die Anpassung an den Klimawandel     
Info 5-3: Das Grandfathering-Prinzip        
Info 5-4: Die Schwachstellen des Pariser Abkommens     
Info 5-5: Keine globale Solidarität       
5.2   Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen       
Info 5-6: Die 17 Ziele der Agenda 2030   
5.3   Deutschland und die Nachhaltigkeitsagenda     

6.  Beschlüsse des 30. NaturFreunde-Bundeskongresses      
I.     Der Schutz des Klimas braucht eine nachhaltige Wirtschaftsordnung        
II.    Eine ökologisch nachhaltige Wende in der Verkehrspolitik ist notwendig       
III.   Stopp aller Atomkraftwerke!  
IV.   Bei der Energiewende nicht nachlassen!     

7.  Klimaschutz konkret    

8.  Leseempfehlungen       

1. Die organisierte Verantwortungslosigkeit

Die UN-Klimakonferenz 2017 (United Nations Framework Convention on Climate Change, 23rd Conference of the Parties, kurz COP23) findet vom 6. bis 17. November 2017 auf dem UN-Campus in Bonn statt. Sie ist nicht nur die 23. Konferenz seit Verabschiedung der UN-Klimarahmen­konvention auf dem UN-Erdgipfel Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992, sondern auch das 13. Treffen zum Kyoto-Protokoll (13th Meeting of the Parties to the 1997 Kyoto Protocol, kurz CMP13). Darüber hinaus ist sie das 2. Treffen der Vertragsstaaten, die sich am 12. Dezember 2015 in der französischen Hauptstadt auf das Paris-Abkommen verständigt haben. Den Vorsitz der COP23 hat die Regierung von Fidschi unter ihrem Premierminister Frank Bainimarama.

Da der kleine Staat der Fidschi-Inseln keinen ausreichenden Konferenzplatz für die erwartete Zahl von 15.000 bis 20.000 Teilnehmern hat, wurde der Sitz des UN-Klimasekretariats in Bonn gewählt. Dort haben bereits 1999 und 2001 mit der COP5 sowie mit der Ende 2000 in Den Haag ergebnislos abgebrochenen und nach Bonn vertagten COP6/2 zwei Vertragsstaatenkonferenzen stattgefunden. Diesmal sollen Regierungsvertreter zusammenkommen, um auf der Basis des Paris-Abkommens Maßnahmen zum Umgang mit den Folgen des Klimawandels zu verabreden, denn es gibt eine deutliche Lücke zwischen den erklärten Zielen und den verabredeten Maßnahmen. Die in Paris vorgelegten Selbstverpflichtungen der einzelnen Regierungen reichen zum notwendigen Schutz unseres Klimas bei Weitem nicht aus.

Seit Paris sind schon wieder zwei Jahre vergangen, ohne dass es einen Durchbruch gegeben hat. Mehr noch: Im Weißen Haus sitzt heute mit Donald Trump ein neuer Präsident der stärksten Volkswirtschaft der Welt, die nach China für den zweithöchsten CO2-Ausstoß verantwortlich ist. Trump hält den Klimawandel für eine Lüge und hat alle Klimaschutzprogramme, die sein Vorgänger Barack Obama in die Wege geleitet hat, per Dekret rückgängig gemacht.

Der Klimawandel – und generell die globalen ökologischen Herausforderungen im heutigen Anthropozän, dem vom Menschen gemachten Erdzeitalter, – zeigen, dass der Widerspruch zwischen Wissen und Handeln größer wird. Als Stichworte sind in diesem Zusammenhang die Überschreitung der planetarischen Grenzen oder Warnungen wie Water-, Oil- oder Phosphor-Peak zu nennen. Damit ist die Überschreitung des Höhepunkts in der Nutzung der jeweiligen Ressource gemeint.

Unsere Zeit erlebt eine tiefe Orientierungs- und Interpretationskrise, vor allem durch die Missachtung der Natur. Durch die Verdrängung der ökologischen Grenzen sind die Gesellschaften in eine Sackgasse geraten. Im Fin de Siècle führte ab Ende des 19. Jahrhunderts eine solche Interpretationskrise, hervorgerufen durch das neue Zeitalter der zweiten industriellen Revolution und das Versagen der Politik, vernunftgerecht und demokratisch damit umzugehen, in einen allgegenwärtigen Nationalismus und dann in eine Militarisierung, an deren Ende der Zusammenbruch des alten Staatensystems stand. Die Krise entlud sich in dem „30-jährigen Weltkrieg“ des 20. Jahrhunderts. Recht treffend hat der britische Historiker Eric Hobsbawm für den kurzen, aber weltpolitisch folgenschweren Zeitraum vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis zum Fall der Berliner Mauer, den Begriff „Das Zeitalter der Extreme“ geprägt.

Natürlich: Geschichte wiederholt sich nicht einfach, die Verhältnisse sind heute anders. Aber erneut geht es um grundlegende Fragen in der gesellschaftlichen Entwicklung, aus der ein genereller Niedergang werden kann, wenn es nicht heute zu einer sozial-ökologischen Transformation kommt. Siegfried Lenz warnte sogar vor der realen Gefahr einer ökologischen Selbstvernichtung. Tatsache ist: Bis heute gibt es kein Land, das ausreichend gegen den anthropogenen Klimawandel vorgeht.

Info 1-1 | Das Klimasystem

Der Begriff Klima stammt aus dem Griechischen. Darunter werden der Zustand der Atmosphäre über einer bestimmten Region und das für dieses Gebiet charakteristische Wettergeschehen verstanden. Klimaelemente sind Temperatur, Luftdruck, Windverhältnisse, Niederschläge, Luftfeuchtigkeit, Bewölkung und Sonnenscheindauer. Die Verteilung ist abhängig von Breitengrad, Seehöhe, Küstenentfernung, geografischer Lage, etc.

Die Unterscheidung der Klimazonen entstammt einer Einteilung aus dem Altertum. Die tropische Zone liegt zwischen den Wendekreisen, zwei gemäßigte Zonen zwischen Wende- und Polarkreisen und die beiden Polarzonen jenseits der Polarkreise. Aber auch innerhalb dieser Einteilung differiert das Klima, sodass weitere Einteilungen hinzukommen: Land- und Kontinentalklima, See- und maritimes Klima.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, auf den Unterschied zwischen den beiden Begriffen „Wetter“ und „Klima“ zu verweisen. Sie werden in der (klimapolitischen) Diskussion häufig verwechselt. Der Begriff „Wetter“ bezieht sich immer auf einen relativ kurzfristigen Zeitabschnitt des Zustands der Atmosphäre. Hier geht es also um einen Zeitraum, der vom augenblicklichen Zustand bis hin zu einem Zeitpunkt von bis zu 10 Tagen reicht. Demgegenüber wird unter dem Begriff „Klima“ der langfristige Verlauf des Wettergeschehens verstanden (global, regional oder lokal).

„Klima“ kann als das „Wetter – zusammengefasst über einen langen Zeitraum“ verstanden werden. In der Wetter- und Klimaforschung werden daher zur Beschreibung des Klimas Durchschnittswerte ermittelt. Weltweit ist es üblich, hierzu Referenzparameter (Temperatur, Niederschlag, Windverhältnisse etc.) zugrunde zu legen, die sich auf eine 30-Jahresperiode beziehen.

Auf dem Erdgipfel der UNO 1992 in Rio de Janeiro wurde die Klimarahmenkonvention beschlossen, die von dem Ziel ausgeht, die Wärme stauenden Treibhausgase so zu begrenzen, dass die Chemie und Dynamik in der Troposphäre in einem Gleichgewicht bleiben. Doch seit dieser Zeit haben sich die Kohlenstoffdioxid-Emissionen (CO2) nahezu verdoppelt. Naturwissenschaftlich korrekt ist die Verwendung des Begriffs „Kohlenstoffdioxid“, wenn es um den Verweis auf diese klimapolitisch relevante Emissionskategorie geht. Nachfolgend wird jedoch auf den umgangssprachlich üblichen Begriff „Kohlendioxid“ beziehungsweise auf seine chemische Kurzformel „CO2“ zurückgegriffen.

Auch in Deutschland steigt der CO2-Ausstoß, nachdem er zunächst von 1990 bis Anfang des Jahrzehnts gesunken war. Die Rolle eines Vorreiters zur Reduzierung der Kohlendioxid-Emissionen, die in den Jahrzehnten vor und nach der Jahrtausendwende in erster Linie auf den Zusammenbruch und die Modernisierung der DDR-Wirtschaft und der ostdeutschen Infrastruktur zurückging, ist längst vorbei. Die Wahrheit ist: Seit dem Klimagipfel 2015 in Paris mit seinen vielfältigen Versprechungen ist der weltweite CO2-Ausstoß so schnell gestiegen wie nie, trotz der bejubelten Beschlüsse. Kurz: Es läuft etwas gehörig falsch in Sachen Klimapolitik zum Schutz unseres Planeten.

Info 1-2 | Die Facetten des Klimawandels

  • Wetterextreme (Starkregen, Wirbelstürme, extreme Temperaturen, Dürren)
  • Anstieg des Meeresspiegels
  • Versauerung der Ozeane
  • Waldvernichtung durch Brände
  • Beeinträchtigung der Biodiversität

Veränderungen haben Auswirkungen auf:

  • Wasserversorgung
  • Transportwesen
  • Infrastruktur
  • Bauwesen/Stadtentwicklung
  • ländliche Raumentwicklung
  • Gesundheitswesen
  • Landwirtschaft/Ernährung

Ob das auf der Klimakonferenz von Paris vereinbarte Abkommen ein Durchbruch wird, ist noch nicht entschieden. Es kommt darauf an, endlich konsequent zu handeln und den Widerspruch zwischen Wissen und Handeln zu beenden. Denn auch wenn es noch einzelne Unsicherheiten gibt: Die Klimawissenschaftler haben zwischenzeitlich genügend Nachweise zusammengetragen, dass der Mensch in zunehmendem Maße ein Mitverursacher des Klimawandels geworden ist. Und der spitzt sich schnell zu. Die Wirbelstürme im Golf von Mexiko, die vor allem auf die Erwärmung der ozeanischen Deckschichten zurückzuführen sind und durch die immer mehr Energie in die Atmosphäre abgegeben wird, zeigen eine außergewöhnliche Heftigkeit und Stärke. Und das droht weiter zuzunehmen.

Die Auswirkungen des Klimawandels treffen vor allem die Menschen und Regionen, die sie am wenigsten verursacht haben. Wenn bis 2050 der global festzustellende durchschnittliche Temperaturanstieg nicht deutlich unter zwei, möglichst sogar bei 1,5 Grad Celsius (im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung) gestoppt wird, ist ab dem nächsten Jahrhundert kein sicheres Leben für die Menschen auf der Erde mehr möglich.

2. Der Treibhauseffekt

Wetter und Klima waren in der Menschheitsgeschichte stets wichtige Faktoren für die Lebensbedingungen. Manche geschichtlichen Ereignisse wie zum Beispiel Ernährungskrisen oder Völkerwanderungen werden erst verständlich, wenn sie in einem Zusammenhang mit den jeweiligen klimatischen Verhältnissen gesehen werden. Klimaänderungen waren oft eine treibende Kraft für zivilisatorische Konflikte. Der zentrale Wirkungsmechanismus für klimatische Veränderungen ist der sogenannteTreibhauseffekt. Hier ist zwischen dem natürlichen und dem zusätzlichen, das heißt vom Menschen verursachten Treibhauseffekt zu unterscheiden. Letzterer wird auch als anthropogener Treibhauseffekt bezeichnet (siehe Info 2-1 und Info 2-2).

Die Klimageschichte der vergangenen Million Jahre kennzeichnet ein mehrfacher Wechsel von Warm- und Eiszeiten. Nur wenige Grad Celsius liegen zwischen kalten und heißen Zeiten, zwischen feuchten und trockenen Perioden, zwischen dem Polarklima einer Eiszeit und den Höchstwerten des Klimaoptimums – die Bandbreite der globalen Temperatur schwankte zwischen 10 und 11 Grad für die Eiszeiten und 16 Grad für die Höchstwerte. Während der längsten Zeit in der Erdgeschichte hatten die klimatischen Veränderungen ausschließlich natürliche Ursachen wie Schwankungen in der Erdumlaufbahn, die Kontinentaldrift oder vulkanische und solare Aktivitäten. Dies sollte sich erst mit Beginn der industriellen Revolution – also ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts – ändern.

Die ausgeprägteste Warmzeit der letzten Million Jahre gab es vor rund 125.000 Jahren. Dies zeigen die Auswertungen historischer Klimadaten. Das Temperaturmaximum lag im Durchschnitt bei rund 16 Grad. In der anschließenden Würmeiszeit wurden globale Niedrigwerte um 10,5 Grad gemessen. Diese Kälteperiode endete vor 13.000 Jahren. Die Erde war eiskalt und trocken. Die Alpengletscher reichten damals bis zum heutigen München. Vom Nordkap zog sich eine geschlossene Eisdecke bis Norddeutschland. Mit der neolithischen Revolution um 10.000 vor Christus hatten die Menschen begonnen, sesshaft zu werden. Um 8.000 vor Christus begann die gegenwärtige Warmzeit, die vor etwa 6.000 Jahren ihr bisheriges Optimum erreichte. Die ersten Hochkulturen entstanden.

Die Erde kühlte sich langsam wieder ab. Um 3.500 vor der modernen Zeitrechnung begann die Austrocknung der Sahara und nordwestindischer Gebiete. Missernten bedrohten die wachsende Bevölkerung. Verteilungskonflikte waren die Folge. Eine Kette, die sich bis heute wiederholt und an Schärfe gewinnt. Klimatische Gründe waren auch eine Ursache für die Völkerwanderungen im 4. bis 6. Jahrhundert. Die „Kleine Eiszeit“ vom 14. Jahrhundert bis 1.850 führte zu Verarmung und Unterernährung, was insbesondere die Bevölkerung auf dem Lande betraf. So zogen in der Französischen Revolution die um ihre Existenz kämpfenden Bauern nach Paris.

Seit der industriellen Revolution steigen die Temperaturen nachweislich an. Seitdem wird der menschliche Einfluss auf das Klimageschehen stärker. Der Beginn der industriellen Revolution wird auf die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts datiert. Es fällt auf, dass in diesen Zeitabschnitt die Erfindung der Dampfmaschine fällt, deren Nutzung auf dem fossilen Energieträger Kohle beruhte. Die Kohlenutzung nahm im 19. Jahrhundert massiv zu, zunächst in England, dann in ganz Westeuropa und in den USA, seit dem späten 19. Jahrhundert auch in Japan und weiteren Teilen Europas und Asiens. Eine Entwicklung, die zum Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft geführt hatte. Die Verwandlung der Welt begann.

Der Treibhauseffekt wurde erstmals zu Beginn des 19. Jahrhunderts beschrieben. Der französische Physiker Jean Baptiste Joseph Fourier entwickelte die Theorie von einem Treibhaus. Kurzwellige Sonnenstrahlen gelangen relativ ungehindert auf die Erdoberfläche. Wie alle warmen Körper sendet der Erdball die aufgenommene Energie in umgewandelter Form zurück. Diese Wärmestrahlung wird durch eine Art Glasdach aus Kohlenstoff und Wasserdampf zum Teil zurückgehalten und verhindert eine Abkühlung der Erdoberfläche. Daher der Name „Treibhauseffekt“.

1896 erstellte der schwedische Chemiker Svante Arrhenius eine erste quantitative Berechnung über die Erwärmung der Atmosphäre. Sein Ausgangspunkt waren die Emissionen aus der Verbrennung von Kohle, Torf und Öl. Sein Fazit: Eine steigende Kohlendioxid-Menge verändert den Energiehaushalt und die Strahlungsbilanz in der unteren Lufthülle. Der britische Chemiker Guy Stewart Callendar wies diesen Zusammenhang erstmals 1938 konkret nach.

Der Kohlendioxid-Gehalt der Luft schwankte in Eiszeiten zwischen 180 und 200 ppm, in Warmzeiten zwischen 280 und 300 ppm. Seit 1900 nahm die globale Temperatur um 1 Grad Celsius zu.

Info 2-1 | Der natürliche Treibhauseffekt

Treibhausgase (THG) sind strahlungsbeeinflussende gasförmige Stoffe in der Luft, die zum Treibhauseffekt beitragen und sowohl einen natürlichen als auch einen anthropogenen Ursprung haben können. Die THG absorbieren einen Teil der vom Boden abgegebenen Infrarotstrahlung, die sonst in das Weltall entweichen würde. Sie schließen gleichsam die Atmosphärenfenster. Entsprechend ihrer Temperatur emittieren sie Wärmestrahlung (Infrarotstrahlung), deren auf die Erde gerichteter Anteil als atmosphärische Gegenstrahlung die Erdoberfläche zusätzlich zum Sonnenlicht erwärmt.

Wenn vom Treibhauseffekt die Rede ist, dann ist meist nur der zusätzliche gemeint, der durch Entwaldung und industrielle Aktivitäten entsteht. Es gibt jedoch auch einen natürlichen Treibhausgaseffekt, der dafür sorgt, dass die Erde für die Menschen bewohnbar wurde und nicht zum Eisklumpen wird, wie das allerdings bereits mindestens einmal in der Erdgeschichte geschehen ist.

Auch sorgen in der Erdatmosphäre verschiedene Spurengase natürlichen Ursprungs dafür, dass die Wärmeabstrahlung des Erdbodens und der Meere nicht direkt in den Weltraum entweichen kann. Sie wird zum Teil von diesen Gasen absorbiert, sodass sich insbesondere die unteren Luftschichten erwärmen. Gäbe es diesen physikalischen Effekt nicht, wäre es auf der Erde um durchschnittlich 33 Grad Celsius kälter. Das wichtigste natürliche Treibhausgas ist der Wasserdampf. Quantitativ spielt demgegenüber das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2), das überwiegend menschenverursacht ist, eine geringere Rolle. Dessen atmosphärische Konzentration betrug vor Beginn der Industrialisierung 280 ppm (Teile pro Million). Aber es geht nicht um die Quantität, sondern um die Qualität.

Neben dem natürlichen Treibhauseffekt spielt der vom Menschen verursachte eine immer größere Rolle.

Info 2-2 | Der anthropogene Treibhauseffekt

Das wichtigste anthropogene (durch menschliche Tätigkeit verursachte) Treibhausgas ist das Kohlendioxid (CO2), das bei der Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas sowie bei Entwaldung (Abholzung) freigesetzt wird. Es überlastet die natürlichen Senken. Auf sein Konto geht etwas mehr als die Hälfte des vom Menschen verursachten zusätzlichen Treibhauseffekts.

Durch die wissenschaftliche Auswertung von historischen Klimadaten konnte nachgewiesen werden, dass seit circa 1845 die zusätzlichen CO2-Emissionen in der Atmosphäre signifikant angestiegen sind. Derzeit beträgt die atmosphärische Konzentration an CO2 im globalen Durchschnitt knapp über 400 ppm. Der 400-ppm-Wert wurde erstmals im Jahr 2016 überschritten. Damit ist die globale Konzentration von Kohlendioxid seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts um 42 Prozent gestiegen.

Weitere „Übeltäter“ an anthropogenen Treibhausgasen sind Fluorkohlenwasserstoffe (FCKW), die kaum noch hergestellt werden, aber sehr langlebig sind, Methan (CH4), bodennahes Ozon (O3), das zumeist im Zusammenhang mit Sonnenlicht aus Stickoxiden entsteht, die wiederum vor allem aus Automotoren stammen, und Distickstoffoxid oder Lachgas (N2O), das in der industriellen Landwirtschaft zum Beispiel aus chemischen Düngemitteln freigesetzt wird sowie in einigen Prozessen der chemischen Industrie.

Mit der Erwärmung kommt es zudem zu einer verstärkten Bildung von Wasserdampf. Im Gegensatz zu den anderen (trockenen) Treibhausgasen ist das der „feuchte Treibhauseffekt“.

In das Kyoto-Protokoll wurden insgesamt sechs verschiedene Kategorien an anthropogenen Treibhausgasen aufgenommen. Sie werden auch als sogenannte „Kyoto-Gase“ bezeichnet. Dabei handelt es sich im Einzelnen um:

  • Kohlendioxid (CO2)
  • Methan (CH4)
  • Distickstoffoxid/Lachgas (N2O)
  • Teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (H-FKW/HFCs)
  • Perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW/PFCs) und
  • Schwefelhexafluorid (SF6)

Da das CO2 die mengenmäßig größte Kategorie innerhalb der Kyoto-Gase darstellt, wird es auch als Referenzwert herangezogen, insbesondere wenn es um die Bestimmung der Klimawirksamkeit der jeweiligen Kyoto-Gase geht. Die Klimawissenschaft spricht hier vom sogenannten „globalen Erwärmungspotenzial“ beziehungsweise dem „Global Warming Potential (GWP)“. Dementsprechend wird der THG-Kategorie Kohlendioxid der GWP-(Referenz)Wert 1 zugewiesen. Damit übernimmt das Treibhausgas CO2 die Funktion einer klimapolitischen Leitwährung bei den internationalen Klimaverhandlungen.

Ausgeschlossen im Kyoto-Protokoll sind diejenigen anthropogenen Treibhausgase, die bereits durch das Montreal-Protokoll reguliert sind (zum Beispiel bestimmte Halogenkohlenwasserstoffe oder bromierte Kohlenwasserstoffe). Allerdings hat auch die Staatengemeinschaft (zu) lange gebraucht, um zum Beispiel die FCKW, die nicht nur klima-, sondern auch ozonschädigend sind, zu verbieten.

Zusammenfassend: Auf unserem Planeten hat es immer Klimaveränderungen gegeben. Der Klimawandel ist also nicht neu. Aber das qualitativ Neue ist, dass er seit der industriellen Revolution in einem immer stärkeren Ausmaß vom Menschen mitverursacht wird. Deshalb hat Paul J. Crutzen, der Mainzer Nobelpreisträger für Chemie von 1996, im Jahr 2000 vorgeschlagen, unsere geologische Erdepoche nicht länger Holozän, sondern Anthropozän zu nennen.

Wir leben in dem vom Menschen geprägten Zeitalter. Über Jahrtausende musste sich der Mensch gegen die Mächte der Natur behaupten. Aber seit Beginn des 19. Jahrhunderts, seitdem die Stoffumwandlung in industriellem Maßstab betrieben wird, werden die über Jahrmillionen aufgebauten Lager der Natur in kurzer Zeit geplündert. Dadurch kehrt sich auch das Verhältnis zwischen Mensch und Natur um: Mit ihren wirtschaftlich-technischen Möglichkeiten zerstört die industrielle Zivilisation systematisch die Ökosysteme und die Tier- und Pflanzenarten. Dafür steht beispielhaft der anthropogene Treibhauseffekt. Aber eine „besiegte Natur“ wird es nicht geben, denn sie schlägt zurück und gefährdet die Menschen.

3. Wie ändert sich das Klima in der Zukunft?

3.1    Die Sachstandsberichte des IPCC

Die deutsche Nichtregierungsorganisation Germanwatch hat in einem kompakten Überblick die drohenden Auswirkungen der globalen Klimaveränderungen beschrieben. Diese Übersicht basiert auf den Erkenntnissen des 4. Sachstandsberichts des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC).

Etabliert als „Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen“ ist der IPCC eine Institution der Vereinten Nationen (UN). Der IPCC wurde vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) 1988 gegründet. Um den aktuellen Stand der Klimaforschung zusammenzutragen, bewerten Wissenschaftler aus aller Welt im Auftrag des IPCC anerkannte Veröffentlichungen zu den klimarelevanten Entwicklungen. Aufgrund seiner internationalen Zusammensetzung ist das Klimawissenschaftlergremium der UNO der Öffentlichkeit auch unter dem Begriff „Weltklimarat“ bekannt.

Mit seinen Arbeiten bietet der Weltklimarat die Grundlagen für wissenschaftsbasierte Entscheidungen in der Klimapolitik. Detaillierte Verfahrensregeln sollen sicherstellen, dass die Informationen des IPCC transparent, verlässlich, ausgewogen und umfassend sind. Deshalb haben seine Aussagen international großes Gewicht und sind eine zentrale Entscheidungsgrundlage bei den jährlichen Vertragsstaatenkonferenzen (COP) zur Klimarahmenkonvention.

Bis zum Jahr 2100 rechneten die vom IPCC beauftragten Wissenschaftler in unterschiedlichen Szenarien mit einer Erwärmung der globalen Durchschnittstemperatur von 1,1 bis 6,4 Grad Celsius (bei einer wahrscheinlichen Erwärmung von 3 Grad Celsius) bis zum Jahr 2100 im Vergleich zu dem langjährigen Mittel der Jahre 1980 bis 1999, mit deutlichen regionalen Unterschieden. Verglichen mit dem vorindustriellen Niveau beträgt der Unterschied sogar etwa ein weiteres halbes Grad mehr.

Bis 2100 gehen die Experten von einem Anstieg des Meeresspiegels um 18 bis 59 Zentimeter aus, wobei dieser Wert bestimmte Risiken wie die beschleunigten Schmelzprozesse in Grönland und der Westantarktis nicht berücksichtigt. Der Anstieg könnte daher auch deutlich höher ausfallen, nach neueren Studien bis zu 1,4 Meter in diesem Jahrhundert. Steigt die globale Durchschnittstemperatur um mehr als 1,5 bis 2,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau, wird erwartet, dass das Grönlandeis langfristig in einem unumkehrbaren Prozess über mehrere Jahrhunderte abschmilzt. Dies würde längerfristig einen Meeresspiegelanstieg von circa 7 Metern mit sich bringen.

Durch die Erderwärmung verändert sich auch der globale Wasserkreislauf. Der Weltklimarat rechnet mit häufigeren Hitzewellen und Starkniederschlagsereignissen in vielen Regionen. Wahrscheinlich nehmen die von Dürre betroffenen Regionen sowie starke tropische Wirbelstürme zu. Die Erkenntnisse aus den Sachstandsberichten des IPCC verweisen darauf, dass die Veränderungen in den Niederschlagsmustern und das Verschwinden der Gletscher die Verfügbarkeit von Wasser in einigen (Berg-) Regionen vermutlich drastisch beeinflussen. Das wird nicht nur für die Trinkwasserversorgung der Menschen und die Landwirtschaft Konsequenzen haben. Auch das Potenzial der Wasserkraftwerke zur Stromversorgung wird dadurch tendenziell verringert.

3.2   Die Auswirkungen des Klimawandels

Im Folgenden werden einige Beispiele gegeben, wie sich der Klimawandel in verschiedenen Weltregionen auswirken wird. Dabei sind nur die am besten gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse einbezogen. Je nach Entwicklung des Temperaturanstiegs können die Folgen noch drastischer ausfallen.

Beispiel Afrika: Für Afrika erwartet der IPCC, dass bis 2020 infolge des Klimawandels zwischen 75 und 250 Millionen Menschen an erhöhtem Wassermangel leiden werden, der auch die Versorgung mit Lebensmitteln beeinträchtigt. In einigen Regionen könnten sich die auf Regen basierenden landwirtschaftlichen Erträge bis 2020 um bis zu 50 Prozent verringern. Der Klimawandel reduziert wahrscheinlich die landwirtschaftlich nutzbare Fläche. Durch den Anstieg des Meeresspiegels werden zahlreiche Küstenstädte vor allem an Flussdeltas bedroht. Zudem erwarten die Forscher einen Rückgang des Fischfangs in wärmer werdenden großen Seen. Die Ausbreitungsrate von Malaria wird sich in manchen Regionen Afrikas erhöhen, in einigen wenigen allerdings auch verringern.

Beispiel Asien: Insbesondere die Menschen in den großen Flussdeltas Süd-, Ost- und Südostasiens werden Probleme mit der Wasserversorgung bekommen. Bis 2050 könnten mehr als eine Milliarde Menschen betroffen sein. Wichtigste Einflussfaktoren sind hier der Meeresspiegelanstieg und die Gletscherschmelze im Himalaja. Projektionen zufolge könnten die landwirtschaftlichen Erträge in Ost- und Südostasien bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts um 20 Prozent ansteigen, während sie in Zentral- und Südasien um 30 Prozent zurückgehen könnten. Die Zunahme an Überschwemmungen durch intensivere Extremwetterereignisse und den Meeresspiegelanstieg droht zudem die Zahl der Krankheits- und Todesfälle ansteigen zu lassen. Insbesondere in Südasien werden voraussichtlich die Cholera-Erkrankungen zunehmen.

Beispiel Lateinamerika: Eine der dramatischsten Konsequenzen in Lateinamerika könnte der schrittweise Ersatz des tropischen Regenwaldes durch Savannenbewuchs sein. Weiterhin muss auf diesem Kontinent mit einer zunehmenden Versalzung und Wüstenbildung in trockeneren Gebieten gerechnet werden. In den gemäßigten Zonen ist hingegen mit einem Anstieg der Erträge von Soja zu rechnen. Auch in Lateinamerika droht durch den Meeresspiegelanstieg ein erhöhtes Überflutungsrisiko für tief liegende Landflächen. Zudem haben die Abschmelzungen der Anden-Gletscher weitreichende Folgen für die Trinkwasserversorgung.

3.3   Das Verhindern von Kipp-Punkten

Der Klimawandel beeinflusst bereits das Leben vieler Menschen, unterschiedliche Wirtschaftssektoren sowie natürliche Organismen und Ökosysteme. Seit geraumer Zeit diskutiert die Fachwelt über Großrisiken im Klimasystem. Sie werden auch als „Kipp-Punkte“ beziehungsweise „Tipping-Points“ bezeichnet (vgl. hierzu Info 3-1). Einige dieser Großrisiken werden durch das Überschreiten bestimmter Temperaturgrenzen in der Atmosphäre ausgelöst. Zu den klimarelevanten Kipp-Punkten zählen der Verlust des arktischen Meereseises, das Abschmelzen des Grönlandeises und des Westantarktischen Eisschildes mit der Folge eines drastischen Meeresspiegelanstiegs, der Kollaps des Amazonas-Regenwaldes oder die massive Gletscherschmelze im Himalaja, aber auch eine veränderte Dynamik der Jetstreams.

Info 3-1 | Die Kipp-Punkte im Klimasystem

Die meisten Bürger denken mit Blick auf die von den Menschen verursachten Klimaänderungen an eine allmähliche Erwärmung des Klimas. Dabei ist es durchaus möglich, dass äußerst starke oder sogar abrupte Klimaänderungen einsetzen können. Sie können eintreten, wenn bestimmte Schwellenwerte im Klimasystem überschritten werden. Ausgelöst durch bestimmte Prozessänderungen – dies kann zum Beispiel ein geringes Überschreiten einer bestimmten Temperaturgrenze im Klimasystem sein – könnte sich das Klima qualitativ und unumkehrbar ändern. Die Fachwelt spricht von „Kipp-Punkten“ beziehungsweise „Tipping-Points“.

Da die Zunahme der treibhauswirksamen Gase zu einer allmählichen Erwärmung der Atmosphäre führt, können durch den zusätzlichen anthropogenen Ausstoß von Treibhausgasen diese Kipp-Punkte erreicht werden. In der Folge besteht die Gefahr, dass diese drastischen Klimaveränderungen die Anpassungsmöglichkeit der Gesellschaft überfordern würde. Dies ist insbesondere der Fall, wenn durch eine Temperaturüberschreitung unumkehrbare Prozesse ausgelöst werden.

Zu den Kipp-Punkten, die in der angewandten Klimawissenschaft problematisiert werden, gehören unter anderem:

  • das Schmelzen des Meereises in der Arktis,
  • die Austrocknung und der Kollaps des Amazonas-Regenwaldes,
  • das Auftauen des Permafrostbodens durch Freisetzungen von Methan und Kohlendioxid,
  • das Schmelzen der Gletscher in der Himalaja-Region.

Da das Eintreten einiger dieser Risiken zu einem zusätzlichen Temperaturanstieg führen würde, könnten sich die Kipp-Elemente gegenseitig „aufschaukeln”, mit noch dramatischeren Konsequenzen für große Teile der Menschheit. Jenseits einer globalen Temperaturerhöhung von 1,5 bis 2,5 Grad Celsius gegenüber vorindustriellem Niveau erhöht sich die Wahrscheinlichkeit deutlich, dass diese Risiken eintreten.

Um die Gefahr des Überschreitens einer kritischen Temperaturschwelle zu vermeiden und das Auftreten von Kipp-Punkten zu verhindern, muss der Anstieg der anthropogenen Treibhausgase in der Atmosphäre spürbar reduziert werden. Das bedeutet: Zur Verhinderung von Großrisiken muss es ein zentrales Ziel der Klimapolitik sein, unumkehrbare Kipp-Punkte zu verhindern. Dies kann nur durch eine international abgestimmte Vorgehensweise zur verbindlichen Reduzierung von anthropogenen Treibhausgasen geschehen.

4. Der Widerspruch zwischen Wissen und Handeln

Es gibt einen unübersehbaren Widerspruch zwischen dem angeblich nur Möglichen und dem Notwendigen. Mehr noch: Die Klimadebatte der letzten 30 Jahre zeigt: Wir waren mit den Forderungen und Zielsetzungen schon mal weiter – international und national.

4.1   Die internationale Klimadebatte

Ende der 1970er Jahre verdichteten sich die Erkenntnisse über eine globale Klimaänderung. International begann die öffentliche Debatte über den Klimawandel mit der Konferenz 1979 der Weltmeteorologie-Organisation (WMO) in Genf. An ihr nahmen keine politischen Vertreter teil. Sie bestand aus Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen. Der ersten Weltkonferenz der WMO folgte im Jahr 1990 die zweite, ebenfalls in Genf. Im Unterschied zu 1979 war dieses Treffen nur zum Teil auf naturwissenschaftliche Beratungen ausgerichtet. Die zweite Hälfte bestand aus einer politischen beziehungsweise ministeriellen Tagung. Sie stellte damit den ersten Höhepunkt internationaler und politischer Klimaschutzbemühungen dar.

Weitere wichtige Treffen fanden 1985 in Villach, 1987 in Bellagio und 1989 in Noordwijk statt. 1988 kam es durch eine gemeinsame Initiative der WMO und des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) in Nairobi zur Gründung des zwischenstaatlichen Gremiums zum Klimawandel – dem bereits erwähnten Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC).

Ebenfalls im Jahr 1988 Jahr fand die Klimakonferenz in Toronto statt. Die Vereinten Nationen stellten einen Zusammenhang zwischen Klimaschutz und Nachhaltigkeit auf der Basis des Brundtland-Berichts – der Unabhängigen Kommission für Umwelt und Entwicklung – her. Die damalige norwegische Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland beschrieb den anthropogenen Klimawandel als eine „schleichende Atombombe“, die im 21. Jahrhundert gewaltige Schäden anrichten würde, wenn nicht sofort gehandelt würde. Die Industriestaaten gaben das Versprechen ab, auf freiwilliger Basis ihre Treibhausgase bis zum Jahr 2005 um 20 Prozent zu reduzieren.

Ein weiterer entscheidender Schritt war im Dezember 1990 der Beschluss der Generalversammlung der Vereinten Nationen, einen zwischenstaatlichen Verhandlungsprozess zur Vorbereitung eines Klimarahmenübereinkommens einzurichten (Resolution 45/212). Nach 15-monatigen Verhandlungen wurde das Übereinkommen 1992 auf dem Erdgipfel Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro verabschiedet. Als Ziel des Übereinkommens wurde vereinbart, die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre auf einem Niveau zu stabilisieren, auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird. Für dieses Ziel haben die Vertragsparteien Verpflichtungen auf sich genommen. Sie verpflichteten sich:

  • „nationale Mitteilungen“ vorzulegen, in denen ihre Treibhausgasemissionen nach Quellen und der Abbau dieser Gase durch „Senken“ aufgeführt sind;
  • nationale Programme zur Abschwächung des Klimawandels zu verabschieden und Strategien zur Anpassung an seine Auswirkungen zu entwickeln;
  • den Technologietransfer sowie die nachhaltige Bewirtschaftung, Erhaltung und Verbesserung von Senken und „Speichern“ (etwa Wälder und Meere) zu fördern.

Damals war die internationale Klimadebatte wesentlich breiter und politischer angelegt. Ein wichtiger Grund dafür war die Politisierung durch den Erdgipfel von Rio de Janeiro im Jahr 1992. Aufgrund der damaligen Debatten, die sich auf den Brundtland-Bericht bezogen, wurde der Klimaschutz eng mit Nachhaltigkeit, Rio-Konvention und Agenda 21 verbunden. Nach dem Ende des Kalten Krieges und der zweigeteilten Welt herrschte eine Aufbruchstimmung. Die Friedensdividende sollte für den Klimaschutz und mehr Entwicklungszusammenarbeit genutzt werden. Das wurde allerdings schnell wieder vergessen.

Zudem war damals die Klimadebatte weitgehend neu. Die Lobbyisten aus der Welt der fossilen Energieträger hatten sich noch nicht formiert. Deren Widerstand begann erst. Klimaskeptiker oder Klimaleugner agierten zudem sehr plump. Sie stellten Behauptungen auf, die sehr schnell zu widerlegen waren.

Heute wird seit einem Vierteljahrhundert über die Zukunft unseres Planeten verhandelt, gestritten und gefeilscht. Die Klimadiplomatie wurde zu einem Lehrstück über die Unfähigkeit der Weltgemeinschaft, sich aus kurzfristigen Interessen und nationalem Egoismus zu lösen. Es begann mit der COP1 im Jahr 1995 in Berlin, wo ein erstes Verhandlungsmandat für ein weltweites Klimaabkommen beschlossen wurde. Zur Präsidentin der ersten Vertragsstaatenkonferenz – und damit Verhandlungsführerin – wurde die damalige deutsche Umweltministerin Angela Merkel gewählt. Seitdem findet am Ende eines jeden Jahres die Conference of Parties (COP) statt. Verantwortlich für die Organisation der UN-Vertragsstaatenkonferenzen ist das Sekretariat der Klimarahmenkonvention (UNFCCC), das gemeinsam vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und der WMO organisiert wird. Der Sitz ist Bonn. Derzeit arbeiten dort rund 500 Mitarbeiter.

Die COP3 fand im japanischen Kyoto statt, wo mit dem Kyoto-Protokoll das erste weltweite Klimaregime vorgeschlagen wurde. Die COP3 kann zwar als zweiter Meilenstein in der historischen Entwicklung des Klimaregimes bezeichnet werden, weil mit der Verabschiedung des Kyoto-Protokolls ein völkerrechtlich verbindliches Dokument verabschiedet (allerdings noch nicht ratifiziert) wurde. Es sieht eine Konkretisierung der Klimarahmenkonvention mittels Festlegungen zur Treibhausgasreduzierung vor. Vor dem Hintergrund der sehr vage formulierten Zielvereinbarung der Klimarahmenkonvention erwartete die Öffentlichkeit eine weitergehende Konkretisierung der Emissionsreduzierung.

Im Gegensatz zu den vorausgegangenen COPs war in Kyoto eine hohe Präsenz von Delegierten und Beobachtern zu verzeichnen. Insgesamt nahmen 2.200 Regierungs- sowie 3.700 Medienvertreter aus Vertrags- und Beobachterstaaten teil. Ein Novum war das Interesse der Zivilgesellschaft. An der COP3 nahmen circa 4.000 NGO-Vertreter als Beobachter teil. Aber insgesamt waren die Verhandlungen ernüchternd. Sie standen oftmals vor dem Scheitern und wurden meist nur dadurch gerettet, dass neue Verhandlungsmandate vergeben wurden.

Die COP5 sollte ursprünglich Ende 1999 in Osteuropa stattfinden. Da sich dort keine Regierung bereitfand, die Konferenz zu organisieren, wurde erneut Bonn der Austragungsort – unter Leitung des polnischen Umweltministers Jan Szyzsko. Es war ein Treffen ohne essenzielle Fortschritte. Ein Jahr später fand die COP6 – eigentlich wäre mit Buenos Aires Südamerika der Austragungskontinent gewesen – im niederländischen Den Haag statt. Ergebnislos wurden die Beratungen abgebrochen und ein halbes Jahr später wiederum in Bonn (als COP6/2) fortgesetzt (Juli 2001). Das war notwendig, damit die nationalen Parlamente die Ratifizierungsverfahren einleiten konnten.

Die COP7 fand vom 29. Oktober bis 10. November 2001 in Marrakesch (Marokko) statt. Hier ging es um Fragen zur Ausgestaltung der sogenannten „flexiblen Mechanismen“ zur Emissionsreduzierung, wie Clean Development Mechanism oder Joint Implementation. Darüber hinaus spielten Festlegungen, wie Wälder und Böden in die nationalen Klimabilanzen einbezogen werden sollen, eine Rolle. Dabei kam es zu problematischen Zugeständnissen, die von den Umweltverbänden kritisiert wurden. So bestand Russland auf einer Verdopplung der Reduktionseinheiten aus Maßnahmen zu Landnutzungsänderungen (Stichwort: „Handel mit heißer Luft“).

2002 kam es im südafrikanischen Johannesburg zum zweiten Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung. 10 Jahre nach dem Erdgipfel von Rio de Janeiro wurde er auch als Rio+10 bezeichnet. Auf diesem Umwelt- und Entwicklungsgipfel scheiterte die EU mit einer Initiative, ein weltweit vereinbartes Ausbauziel für erneuerbare Energien festzulegen.

Bundeskanzler Gerhard Schröder startete dennoch in Johannesburg eine solche Initiative und lud die Weltgemeinschaft nach Bonn ein. Zwei Jahre später war diese Konferenz – unter dem programmatischen Titel „Renewables 2004 Bonn“ – ein Erfolg. Der Ölpreis erreichte zu diesem Zeitpunkt erstmals die 50-US-Dollar-Marke und mehr als 130 Regierungschefs beziehungsweise deren Vertreter unterschrieben auf der Abschlussveranstaltung eine entsprechende Vereinbarung zur stärkeren Nutzung erneuerbarer Energien.

Allerdings war auch sechs Jahre nach Unterzeichnung das Kyoto-Protokoll auf der COP9 (2003) noch immer nicht in Kraft gesetzt. Statt der vorgeschriebenen 55 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen waren erst 47 Prozent dieser Emissionen beziehungsweise seiner Äquivalente durch eine Ratifizierung erfasst. In den USA waren Bill Clinton und Al Gore gescheitert, den Kyoto-Vertrag durch den US-Kongress ratifizieren zu lassen. Zum Retter wurde Wladimir Putin, der das russische Parlament dazu brachte, Ende 2004 dem Vertragswerk zuzustimmen.

Dennoch: Fast immer verlief die COP nach demselben Ritual: Erst werden (zu Recht) große Erwartungen an die Konferenz gerichtet, dann von NGOs demonstriert und die Strippen gezogen, die Konferenz wird (auch zu Recht) als fast gescheitert hingestellt, Depression breitet sich aus, einzelne Delegierte verzweifeln fast und kritisieren die Regierungen der Bremserstaaten, vor allem die USA und die Öl- und Gasländer wie Saudi-Arabien und Katar. Dann wird von der Konferenzleitung ein Kompromiss eingebracht, der wieder abgeschwächt oder zu einem Verhandlungsauftrag gemacht wird. Schließlich wird in einer Nachtsitzung der Vorschlag gemacht, dass es weitergehen soll. Die Entscheidung wird auf die nächste COP vertagt. Zu der eigentümlichen Konferenzatmosphäre gehört, dass am Ende dennoch fast alle zufrieden sind.

Die Tatsache, dass sich die im Kyoto-Protokoll vereinbarten Reduktionsverpflichtungen auf eine zeitlich nur begrenzte Periode beziehen, prägte die COP13. Sie fand im indonesischen Bali im Dezember 2007 statt. Hier wurde die Bali Road Map zur Grundlage der weiteren Verhandlungen. Sie sollte klären, wie es nach dem Ende der ersten Verpflichtungsperiode (2008 – 2012) weitergehen sollte. Zum Zeitpunkt der COP13 hatten nur wenige Länder das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert, darunter die USA, Afghanistan, Irak, Somalia, Nordkorea, Westsahara und einige Kleinstaaten. Trotzdem begannen zähe Verhandlungen. Im Januar 2008 sollte die erste Reduktionsperiode beginnen und nach fünf Jahren auslaufen.

Der kurz vor Beginn vom IPCC vorgelegte 4. Sachstandsbericht beschrieb in aller Deutlichkeit welt­weit die negativen Auswirkungen des Klimawandels. Er konstatierte, dass im globalen Durch­schnitt keine Emissionsreduktion an Treibhausgasen erzielt wurde. Im Gegenteil: Die CO2-Konzent­ration in der Atmosphäre hatte mal wieder Rekordwerte erreicht. Es wurde immer deutlicher, dass ein internationales Handeln zum Schutz des Klimas ohne zeitlichen Aufschub notwendig war. Doch die Delegierten verhandelten in Bali darüber, wie in Anbetracht des auslaufenden Kyoto-Pro­tokolls die Verhandlungen über den künftigen Klimavertrag begonnen werden sollten.

Im Wesentlichen ging es darum, mit welchem Ziel verhandelt werden sollte. Statt konkrete Minderungsziele zu benennen, wurde der Bezug zum 4. Sachstandsbericht in einer knappen unverbindlichen Fußnote im Verhandlungstext hergestellt. Die Umweltverbände waren entsetzt.

Als gewisser Teilerfolg der COP13 kann die in Bali begonnene Diskussion über die sogenannte „Zwei-Grad-Grenze“ gewertet werden. Erstmals waren sich die Delegierten – und zwar auch die der USA – in einem wichtigen Punkt einig: Die globale Durchschnittstemperatur soll gegenüber der vorindustriellen Zeit nicht stärker als zwei Grad Celsius ansteigen – auch wenn diese Grenze höher liegt als notwendig oder auch als die Forderung im Klimabericht des Deutschen Bundestages von 1990. Ein weiteres klimapolitisch relevantes Ergebnis von Bali war der Umstand, dass die Diskussion über den Umgang mit den Folgen des Klimawandels an Fahrt aufnahm. Vor dem Hintergrund, dass die ärmsten Länder in überdurchschnittlichem Ausmaß unter den sich abzeichnenden Klimaauswirkungen zu leiden haben, wurde in Bali ein Anpassungsfonds einsatzbereit gemacht.

Besonders deutlich wurde die organisierte Verantwortungslosigkeit der internationalen Staatengemeinschaft auf der COP15 in Kopenhagen (2009), in deren Verlauf sich zeigte, dass nationale Wachstumsinteressen wichtiger waren als der Klimaschutz. Ein hoher Erwartungsdruck der Öffentlichkeit bei gleichzeitig inkompetenter und unsensibler Verhandlungsführung durch den dänischen Ministerpräsidenten, der den Konferenzvorsitz übernommen hatte, machten die COP15 zum Debakel. Hinzu kam eine kaum abgestimmte Paralleldiplomatie aufgrund der hohen Anzahl von angereisten Staats- und Regierungschefs. Es kam zu Nebenabsprachen, die das Verhandlungsgestrüpp in Kopenhagen noch unübersichtlicher machten.

Die größte internationale Klimakonferenz in der Geschichte wurde ohne eine Beschlussvorlage beendet. Den „Copenhagen Accord“ nahmen die Delegierten lediglich „zur Kenntnis“. Vertreter der Zivilgesellschaft und Umweltverbände sprachen von „Floppenhagen“. Am Rande kam es erstmals zu gewalttätigen Auseinandersetzungen im Rahmen einer UN-Vertragsstaatenkonferenz zum Klimaschutz. Mit Blick auf die nun folgenden COPs wurde immer wieder ein Scheitern befürchtet. Die Entwicklung spitzte sich zu, so dass die COP21 zum Ende des Jahres 2015 in Paris zur „letzten Chance der Menschheit“ hochstilisiert wurde.

4.2   Die Klimapolitik in Deutschland

In Deutschland waren Hartmut Graßl von der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft und Klaus Heinloth von der Deutschen Physikalischen Gesellschaft die wichtigsten Motoren der Klimadebatte. Sie veröffentlichten im Juni 1987 ein Manifest zu den heraufziehenden Herausforderungen. In ihrer „Warnung vor drohenden Klimaänderungen“ prognostizierten sie eine menschenverursachte Erderwärmung, die heute ziemlich exakt den Vorhersagen entspricht, die im 5. und jüngsten IPCC-Sachstandsbericht dokumentiert sind. Wie schwierig es damals war, sich Gehör zu verschaffen, zeigt folgendes Beispiel:

Auf der Gründungssitzung des IPCC im November 1988 in Nairobi waren das Forschungsministerium und das Verkehrsministerium, das für den Deutschen Wetterdienst (DWD) zuständig ist, die zuständigen westdeutschen Einrichtungen. Zwar eingeladen waren sie aber nicht vertreten. Stattdessen verlor sich Hartmut Graßl als Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie (MPI) in Hamburg hinter dem Schild „Federal Republic of Germany“. Die Bundesregierung hatte die Bedeutung nicht erkannt oder nicht erkennen wollen. Die USA waren dagegen gut vertreten.

Der Durchbruch in Deutschland kam mit der Klima-Enquete des Deutschen Bundestages „Schutz der Erdatmosphäre“, die von 1987 bis 1994 tätig war. Hohe Aufmerksamkeit erzielte insbesondere der Bericht vom 1. Oktober 1990 „Schutz der Erde“. Mit großem Aufwand und unter Beteiligung von 65 wissenschaftlichen Instituten wurden drei Szenarien konkret durchgerechnet. Die Kommission legte ein Weltmodell für die Senkung der Treibhausgase vor – mit unterschiedlichen Reduktionszielen. Je nach Entwicklungsstand der Länder wurden diese Ziele differenziert errechnet. Es wurde eine Einteilung in die Länderkategorien „Hochentwickelte Industriestaaten“, „Industriestaaten“, „Schwellenländer“ und „Entwicklungsländer“ vorgenommen. Wichtigste Ergebnisse waren:

  1. Die Treibhausgase könnten in den alten Bundesländern durch Einsparen, Effizienzsteigerung und erneuerbare Energien – und wirtschaftlich sogar vorteilhaft – bis zum Jahr 2005 um 33 Prozent reduziert werden. Die Aussagen wurden auf der Grundlage von drei höchst unterschiedlichen Einzelszenarien erarbeitet:
    > mit Ausstieg aus der Atomenergie (auch bis 2005);
    > bei Beibehaltung des Anteils Atomenergie;
    > mit Ausbau der Atomenergie.
    In den neuen Bundesländern ging die Kommission davon aus, dass eine Reduktion um einen deutlich höheren Anteil möglich wäre, auch wenn noch keine ausreichend abgesicherten Daten vorlagen.
     
  2. Die Kommission unterstützte nur die ersten beiden Szenarien mit etwa gleich starker Mitgliederzahl. Allerdings kam sie nach intensiver Debatte zu dem einstimmigen Ergebnis, dass die Atomenergie systembedingt nicht in der Lage sei, die zum Klimaschutz notwendigen Energiereduktionen zu verwirklichen. Der Klimawandel erfordert den Umbau der Energiewirtschaft in Richtung Dezentralität, Effizienzrevolution, Einsparen und erneuerbare Energien. Atomenergie ist aber eine wenig flexible Erzeugungsart, die für eine zentralistisch aufgebaute Energieinfrastruktur prägend ist.
     
  3. Die Mitglieder der Kommission gingen von einer „Erwärmungsobergrenze“ von 1,5 Grad Celsius aus. Umgerechnet auf ein pro Kopf Kohlenstoffbudget entsprach dies nach dem UN-Prinzip einer gerechten Gleichverteilung einem Jahresverbrauch von zwei Tonnen CO2. Dieser Wert wird heute sowohl in den Industrie- als auch den großen Schwellenländern deutlich überschritten.
     
  4. Die Kommission forderte die Einführung einer Energie- und Rohstoffsteuer. Der Emissionshandel stand nicht zur Diskussion.
     
  5. Der CO2-Wert pro Kopf der Bevölkerung (Per Capita Carbon Dioxide Emissions) umfasst in dem Bericht – wie auch in der Klimaforschung üblich – nicht nur die reinen CO2-Emissionen, sondern den gesamten jährlichen Treibhausgasausstoß in CO2-Äquivalenten.

Auf der Basis dieser Arbeiten und Empfehlungen, die vom Bundestag am 10. September 1991 beschlossen wurden, fasste das Bundeskabinett unter Kanzler Kohl unmittelbar nach der Veröffentlichung am 7. November 1990 den Beschluss, bis zum Jahr 2005 zu einer Reduktion der Treibhausgase in den alten Bundesländern um mindestens 25 Prozent und in den neuen Bundesländern sogar zu einem weitaus höheren Anteil zu kommen. Der Bericht der Enquete-Kommission wurde damit eine Entscheidungsgrundlage für die Klimaschutzziele, die mit hoher fachlicher Kompetenz erarbeitet worden war.

Zudem sollte auf dieser Grundlage eine „Restverschmutzungsabgabe“ (Öko-Steuer) eingeführt werden. Gleichzeitig stellte die Bundesregierung erhebliche Mittel zum Schutz der Tropenwälder zur Verfügung (insbesondere Brasilien, Amazonasbecken).

Die Ergebnisse der Enquete-Kommissionen des Deutschen Bundestages brachten die Bundesrepublik in den 1990er-Jahren in die Position eines Vorreiters im Klimaschutz – in der EU wie generell unter den Industriestaaten. Zur geplanten Umsetzung setzte die Bundesregierung eine interministerielle Arbeitsgruppe ein: IMA „CO2-Reduktion“. Das geschah in einer kurzen Phase der „Ideologielosigkeit“, in der zumindest verbal das möglich wurde, was sonst gar keine klimapolitische Chance gehabt hätte.

Anfangs Fortschritte, dann klimapolitische Ernüchterung
Das politische Handeln wurde von den Herausforderungen der deutschen Einheit bestimmt. Durch den Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft und die technische und infrastrukturelle Modernisierung der neuen Bundesländer kam es zu einer Reduktion der Kohlendioxid-Emissionen in Ostdeutschland um 50 Prozent. Nach dem Fall der Berliner Mauer kam es bezogen auf Gesamtdeutschland zu erheblichen Reduktionen. Der Beschluss des Bundeskabinetts galt jedoch nur für die westdeutschen Bundesländer. Hier wurden die Reduktionsziele klar verfehlt. Der Begriff der „Wall-Fall-Profits“ wurde geprägt.

Darüber hinaus verpuffte schon bald der Aufbruch des Erdgipfels. Die Chancen wurden scheinbar nicht ernst genommen, obwohl 1995 in Berlin auf der COP1 die Grundlagen für den Kyoto-Vertrag mit seinen Reduktionsvorgaben gelegt wurden. Zu einer wirklichen Klimaschutzpolitik kam es nicht. Der Widerspruch zwischen Wissen und Handeln wurde größer. Die nationalen Minderungsziele, die ursprünglich über die im Kyoto-Protokoll festgelegten Vorgaben hinausgingen, wurden Anfang des neuen Jahrtausends von Bundesumweltminister Jürgen Trittin auch offiziell zurückgenommen. Die Regierungsbeschlüsse von 1991 zählten nicht mehr, es galten nur noch die Vorgaben aus dem Kyoto-Protokoll. International wurden die USA – bis Ende des letzten Jahrzehnts der größte Klimasünder der Welt – zum stärksten Blockierer. Und hinter dem breiten Rücken der USA konnten sich viele Länder versteckten. Die letzten zwei Jahrzehnte waren verlorene Jahre.

Allerdings gab es eine wichtige Ausnahme: den Aufstieg der erneuerbaren Energien. In keinem Szenario wurde damals vorhergesagt, wie hoch in Deutschland heute der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung ist. Das zeigte, was möglich ist. Durch die Einspeise-Verordnung und das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wurde Deutschland in der damaligen Zeit zum Vorreiter. Eine Rolle, die jedoch nach und nach verloren ging.

Der Erfolg des EEG musste gegen starken politischen Widerstand durchgesetzt werden. Initiator dieses energiepolitischen Aufstiegs war ein Netzwerk von Parlamentariern (Matthias Engelsberger/ CDU, Wolfgang Daniels/Grüne, Dietmar Schütz/SPD, Hans-Josef Fell/Grüne und Hermann Scheer/ SPD). Allein deshalb kann ein Umweltverband, wie die NaturFreunde Deutschlands, kein Verständnis dafür aufbringen, dass heute das Wachstum der erneuerbaren Energien politisch gebremst wird.

Insbesondere der Ausbau der Energiegenossenschaften ist nach der Verabschiedung des EEG in beeindruckender Weise vorangetrieben worden. Hier wurde ein klimapolitisch relevantes Bürgerengagement par excellence betrieben, für das sich die NaturFreunde Deutschlands massiv einsetzen. Das politische Versagen liegt nicht im schnellen Wachstum der Erneuerbaren, sondern in der fehlenden beziehungsweise unzureichenden Infrastruktur (Speicher, dezentrale Strukturen, etc.), was sich als Erschwernis erweist. Vor allem ist es nicht zur Koppelung der Erneuerbaren mit einer Effizienzstrategie gekommen, obwohl die Klima-Enquete nachgewiesen hat, dass es gewaltige Einsparpotenziale gibt.

5. Die Hoffnung auf eine globale Transformation

Im Jahr 2015 fanden zwei internationale Konferenzen statt, die eine hohe politische Bedeutung haben und eine starke strukturelle Wirkung auslösen können. Die Vereinten Nationen haben in Paris und New York zwei wichtige programmatische Grundlagen für eine sozial-ökologische Transformation geschaffen:

Die 17 Hauptziele der Agenda 2030 und ihre 169 Unterziele gelten für alle Industrie-, Entwicklungs- und Schwellenländer. Die beiden Abkommen nehmen alle Mitgliedsstaaten der UNO in die Pflicht, die sozialen, ökologischen und ökonomischen Probleme in ihrer Gesamtheit zu lösen. Zusammen mit dem Ziel von Paris, die globale Erwärmung bei möglichst 1,5 Grad Celsius zu stoppen, können die SDG zum großen Modernisierungs- und Gerechtigkeitsprojekt werden, das die Ressourcen- und Verteilungskonflikte entschärft, die Dekarbonisierung der Wirtschaft vorantreibt und die soziale Ungleichheit verringert. Dazu bedarf es neuer starker Allianzen, nationaler Vorreiter, einer nachhaltigen EU und weltweit einer solidarischen Kooperation.

Die COP21, auf der zum Ende der Konferenz am 12. Dezember 2015 das Paris-Abkommen beschlossen wurde, ist mit gewichtigen Argumenten als Durchbruch gefeiert worden. Frankreichs Staatspräsident François Hollande konstatierte, dass mit dem Beschluss von Paris das Ende des fossilen Zeitalters eingeleitet werde. Wahrscheinlich wurde in Paris das herausgeholt, was möglich war. Aber ein genauer Blick ist notwendig.

5.1 Das Paris-Abkommen

Am 22. April 2016, dem alljährlichen Earth Day, unterzeichneten die Vertreter von 175 Staaten in einer feierlichen Zeremonie im Hauptquartier der UNO in New York den Pariser Klimavertrag. Das Abkommen soll das im Jahr 2020 auslaufende Kyoto-Protokoll, das seit 2005 völkerrechtlich verbindlich ist, ablösen.

Der Pariser Vertrag hat das Ziel, eine Wende hin zu mehr Klimaschutz einzuleiten. Die Anstrengungen waren groß: „Niemals zuvor hat eine solche große Zahl von Ländern ein internationales Abkommen an einem Tag unterzeichnet“, stellte der damalige UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon anlässlich der Unterzeichnung am East River heraus. Ban forderte, dass möglichst rasch die Ratifizierung in den einzelnen Ländern folgen müsse, denn dann erst wird der Vertrag völkerrechtlich bindend. Der erste Mann der UNO war der Überzeugung, dass die Klima-Vereinbarung zusammen mit dem Armutsbekämpfungsprogramm „die Kraft hat, die Welt zu verändern“. In der Zwischenzeit ist das Vertragswerk ratifiziert.

Der Klimaschutz ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Auf der Konferenz von Paris sollte sich der Ernst der Lage zeigen. Bis zur letzten Minute wurde um das Zustandekommen der Vereinbarung gerungen. Auf der Bühne der Abschlusskundgebung standen letztlich eine sichtlich bewegte deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks, ein resoluter Tagungspräsident und zu dieser Zeit französischer Außenminister Laurent Fabius und ein enthusiastisch klatschender Klimaaktivist Al Gore (ehemals Vizepräsident der USA). Frankreichs Staatspräsident François Hollande sprach von einem historischen Wendepunkt: „Wir müssen sicherstellen, dass unsere Worte zu Taten werden. Niemand hat die Verantwortung, alles zu tun, aber jeder hat die Verantwortung, seinen Teil dazu beizutragen.“

Die Erderwärmung ist eine Menschheitsherausforderung, bei der es um die Frage geht, ob die Menschen planetarische Grenzen überschreiten, deren Einhalten für das Leben auf der Erde essenziell ist. Das wissen wir seit Beginn der Erkenntnisse über den anthropogenen Klimawandel, also seit rund drei Jahrzehnten. Dennoch folgte selbst hoffnungsvollen Ankündigungen immer wieder eine ernüchternde Wirklichkeit.

Deshalb muss die Frage gestellt werden: War die COP21 wirklich der Durchbruch und bringt das Paris-Abkommen tatsächlich die überfällige Wende? Unter welchen wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Bedingungen ist mehr Klimaschutz möglich? Welche gesellschaftlichen Bündnisse sind notwendig, damit der Druck verstärkt wird und nicht nachlässt? Zunehmend spielt auch die Einbringung klimapolitischer Interessen durch Akteure der Zivilgesellschaft eine Rolle, wie auch die Beteiligung der Umweltverbände an der nationalen und internationalen Normung und Standardisierung zeigt.

Info 5-1 | Die Vertreter der Umweltverbände in klimapolitisch relevanten Normungsgremien

Ein Beispiel dafür, dass seit einiger Zeit die Umweltverbände als relevante gesellschaftliche Akteure im Sinne einer Stakeholdergruppe mit fachlicher Kompetenz wahrgenommen werden, ist die Arbeit der Umweltverbände in der nationalen und internationalen Normung. Die NaturFreunde Deutschlands engagieren sich hier unter anderem in entsprechenden Normenausschüssen zum Themenkomplex „Anpassung an die Folgen des Klimawandels“. Die Relevanz der nationalen und vor allem internationalen Standardisierung im Umweltbereich wird in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen.

Doch gerade in Zeiten des neoliberal begründeten Abbaus von „überflüssigen“ Umwelt- und Sozialstandards kommt den Umweltverbänden in der Standardisierungsarbeit eine wichtige umweltpolitische Rolle zu. Es ist festzustellen, dass durch eine Politik der nationalen Egoismen sich die globalen Verteilungsprobleme verschärfen. Kaum öffentlich wahrgenommen nutzen internationale Konzerne ihre Macht und regulieren über Standardisierung und Normung. Der Glaube an die Kontrolle der Märkte ist in relevanten Bereichen nicht zutreffend. Auf diese Weise können Umwelt- und Klimastandards ausgehebelt werden.

Es bedarf daher einer Interessensvertretung, die nach demokratischen Prinzipien organisiert ist und sich für eine harte Durchsetzung internationaler Umwelt- und Sozialstandards starkmacht. Ein weiterer Aspekt, der die Position der NaturFreunde-Vertreter im normungspolitischen Handlungsfeld „Anpassung an den Klimawandel“ betrifft, ist die Auffassung, dass das Verursacherprinzip gerade bei Fragen zum Umgang mit den Folgen des Klimawandels im Normungskontext stärker als bisher zu beachten ist (Stichwort: Klimagerechtigkeit). Anpassung an Klimawandel bedeutet, Lösungswege unter Bedingungen großer Unsicherheit und vor dem Hintergrund äußerst komplexer Wirkungszusammenhänge zu erarbeiten. Unter Berücksichtigung des Prinzips der Klimagerechtigkeit muss auch das aktuelle Orientierungs- und Gestaltungswissen der Zivilgesellschaft mit in den nationalen und internationalen Normungsprozess einbezogen werden.

Das Weltklimaabkommen von Paris bestand ursprünglich aus einem 32-seitigen Textdokument. Es umfasste zwei Teile: zum einen die Draft decision, die sich auf die künftige Struktur und Organisation der internationalen Klimapolitik bezieht. Zum anderen das Paris Agreement mit seinen 29 Artikeln. Dies ist das eigentliche Paris-Agreement, auf das sich am 12. Dezember 2015 in der französischen Hauptstadt insgesamt 195 Staaten plus die EU als Ganzes geeinigt haben. Um es in nationales Recht des jeweiligen Landes zu überführen, muss das Abkommen ratifiziert werden. Das Abkommen trat am 4. November 2016 in Kraft, nachdem die notwendige Anzahl von 55 Staaten, die mindestens 55 Prozent der globalen Treibhausgase emittieren müssen, ihre Ratifizierungsurkunde am Standort der Vereinten Nationen in New York hinterlegt hatte. 166 Staaten haben das Paris-Abkommen ratifiziert, darunter auch Deutschland (Stand September 2017).

Der wichtigste Punkt steht in Artikel 2: Die Länder wollen „Anstrengungen unternehmen, um den Temperaturanstieg möglichst auf 1,5 Grad (gegenüber dem vorindustriellen Niveau) zu begrenzen“. Davon ist die Weltgemeinschaft weit entfernt, denn auch die in Bonn beim Sekretariat der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) eingereichten nationalen Klimapläne (Intended Nationally Determined Contributions), kurz INDC, kommen im Jahr 2030 zu Treibhausgas-Emissionen (THG) im Umfang von rund 55 Milliarden Tonnen (berechnet auf Kohlendioxid/CO2). Sie liegen damit viel zu hoch. Zudem sind die INDC bloße Selbstverpflichtungen, die von der UNO nicht sanktioniert werden können. Die Umsetzung von Selbstverpflichtungen ist aber in einem hohen Ausmaß von politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen abhängig.

Allein um das globale Zwei-Grad-Ziel einzuhalten, sind weit höhere Emissionsreduktionen erforderlich. Für dieses noch immer unzureichende Ziel dürfen im Jahr 2030 die THG-Emissionen 44 Milliarden Tonnen nicht übersteigen. In Paris haben aber die ozeanischen Inselstaaten das Bewusstsein dafür geschärft, dass das 2-Grad-Ziel zu hoch angesetzt ist, weil sie, wie zum Beispiel der Inselstaat Tuvalu im Pazifischen Ozean, bereits der Erderwärmung geopfert werden. Deshalb müsse möglichst die Erwärmungsbegrenzung von 1,5 Grad Celsius erreicht werden. Das ist übrigens auch der Wert, den die Klima-Enquete des Deutschen Bundestages bereits 1990 vorgeschlagen hatte.

Eine wichtige Neuerung im Pariser Abkommen ist die Vorgabe, dass konkrete Zahlen der nationalen wie globalen Emissionsbudgets bekannt gemacht werden müssen, sowohl die realen Daten als auch die für die Erreichung der Klimaschutzziele notwendigen Reduktionsschritte. Damit wird transparent, wo der Klimaschutz aktuell steht und was zu tun ist, um die vorgegebenen Ziele einzuhalten, die sich aus der Aufnahmefähigkeit der natürlichen Senken ergeben. Diese Daten machen deutlich, ob und wieweit der Klimaschutz in den einzelnen Ländern und insgesamt hinter dem Notwendigen zurückbleibt.

In dem Entwurf des Pariser Abkommens stand zunächst, dass in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts bei den Emissionen eine „Klimaneutralität“ erreicht werden muss in dem Sinne, dass die anthropogenen Prozesse keine das Klima verändernde Wirkung mehr haben dürfen – insbesondere mithilfe der Dekarbonisierung der Energiesysteme in allen Bereichen (Strom, Wärme und Mobilität), durch Einsparung, Effizienzrevolution und Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare Energien.

Jedoch wurden die Begriffe der Klimaneutralität sowie der Dekarbonisierung bei den Beratungen aus dem Text gestrichen. Im beschlossenen Abkommen steht nur noch, dass nicht mehr Treibhausgase emittiert werden dürfen, als durch Ausgleichsmaßnahmen wie zum Beispiel durch die Anpflanzung von schnell wachsenden Bäumen oder durch technische Maßnahmen, absorbiert werden. Mit dieser Formulierung lassen sich auch die umstrittenen Maßnahmen Geoengineering oder der Ausbau der Nuklearwirtschaft rechtfertigen.

Der Klimaschutz braucht eine grundlegende Wende technisch-wirtschaftlicher Prozesse. Mit in erster Linie kompensatorischen Maßnahmen ist er nicht zu erreichen. Natürlich ist der technische Fortschritt von immenser Bedeutung, auch um die durch technische Prozesse angerichteten Schäden zu beseitigen. Eine zentrale Aufgabe ist die Umlenkung des technischen Fortschritts in Richtung auf Nachhaltigkeit. Das ist eine notwendige, allerdings noch keine hinreichende Bedingung, um zu einem durchgreifenden und dauerhaften Klimaschutz zu kommen.

Es geht auch um Veränderungen in unserer Kultur, im Wirtschaftssystem und in den Produktionsweisen und Konsumformen. In Paris blieb es jedoch bei alten Positionen. Die Herausforderungen, um auf den Klimawandel adäquat zu reagieren, können nicht allein durch immer neue Techniken bewältigt werden. Das ist schon wegen der Fernwirkungen komplexer technologischer Prozesse nicht zu halten.

Natürlich war es ein bedeutender Schritt, dass die COP21 die UN-Klimaverhandlungen auf neue Gleise gestellt hat. Damit kann die vielleicht letzte Chance genutzt werden, eine totale Katastrophe abzuwenden. Aber es fällt auf, dass es in den Klimadebatten seit mehr als einem Jahrzehnt um das Ergreifen von Anpassungsmaßnahmen geht. Häufig sind diese jedoch inadäquat, wie im Fall von niedrig gelegenen Küstenregionen Asiens oder in großen Teilen Afrikas, wo dies gar nicht möglich ist – geografisch nicht und auch deshalb nicht, weil den betroffenen Ländern die finanziellen, technologischen und organisatorischen Voraussetzungen fehlen.

Hierzu ein Beispiel: In den Deckschichten des indischen und Pazifischen Ozeans oder im Golf von Mexiko nehmen die Temperaturen zu und übersteigen immer häufiger die kritische Grenze von 27 Grad Celsius, sodass durch die aufsteigende Wärme so viel Energie in die Atmosphäre gepumpt wird, dass es zu Wetterextremen, zu Hurrikans, Taifunen oder Orkanen kommt. Einem Land wie zum Beispiel Indonesien ist es gar nicht möglich, die mehr als 6.000 bewohnten Inseln zu schützen.

Das bedeutet nicht, dass der Umgang mit den Folgen des Klimawandels zu vernachlässigen ist. Auch und gerade im Rahmen eines vorsorgeorientierten Klimaschutzregimes, wie es durch das Paris-Abkommen repräsentiert wird, müssen Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels ein integraler Bestandteil sein. Allerdings ist strikt darauf zu achten, dass die Klimaanpassungsmaßnahmen den notwendigen Klimaschutzbemühungen nicht den Rang ablaufen.

Info 5-2 | Die Anpassung an den Klimawandel: zwei Seiten einer Medaille?

Die vorliegenden Berechnungen und Simulationen der angewandten Klimaforschung zu den Folgen des Klimawandels sowie die fundierten Erkenntnisse, die vom IPCC in den letzten Jahren zusammengetragen wurden, belegen eindeutig, dass wir in Zukunft mit zunehmenden Klimaänderungen rechnen müssen. Immer weniger können wir von stabilen Verhältnissen in der Natur ausgehen. Dies gilt zunehmend auch für die klimatische Ausgangslage in den Industrieländern. Vor diesem Hintergrund sollten auch die Umweltverbände in ihrer Funktion als zivilgesellschaftliche Akteure des Wandels sich kompetent mit den Fragen der Anpassung an die Folgen des Klimawandels auseinandersetzen.

Ob Klimaanpassung und Klimaschutz zwingend als zwei Seiten derselben Medaille zu betrachten sind, muss dahin gestellt bleiben. Zumal davon auszugehen ist, dass in ärmeren Regionen der Welt die Folgen des Klimawandels spürbarer sind, hier die technischen und ökonomischen Anpassungskapazitäten entsprechend gering und damit die im internationalen Vergleich Schwachen die Hauptleidtragenden sind.

Zu betonen ist daher, dass verstärkter Klimaschutz – gerade im Sinne einer solidarischen Nachhaltigkeit – zwingend notwendig ist. Insbesondere damit die Geschwindigkeit des Klimawandels verlangsamt wird oder sich zumindest nicht weiter beschleunigt. Das Ziel der Umweltverbände sollte sein, dafür zu sorgen, dass die Anpassung an den Klimawandel nicht als Gegensatz zum Klimaschutz aufgefasst wird. Keinesfalls ist Klimaanpassung als Alternative zum Klimaschutz zu verstehen.

Das Übereinkommen von Paris ist ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings reichen die Klimaschutzmaßnahmen, die von den beteiligten 195 Regierungen im Vorfeld der COP21 eingereicht wurden, bei weitem nicht aus, das vorgegebene Ziel zu erfüllen. Würden sie eins zu eins umgesetzt, sagen die Klimamodellierungen immer noch einen Anstieg der globalen Temperatur zwischen 2,6 bis 3,1 Grad Celsius voraus. Sie liegen damit also viel zu hoch. Deshalb muss das Klimaschutzregime konsequent weiterentwickelt und entsprechende Maßnahmen zur Reduzierung von anthropogenen Treibhausgasen müssen verbindlich festgelegt werden.

Darüber hinaus gehören auch Maßnahmen zur Verhaltensänderung zum Programm für einen auf die Zukunft gerichteten internationalen Klimaschutzvertrag (Stichworte: Suffizienz oder Selbstbegrenzung/Mäßigung, die allerdings nur mit mehr Gerechtigkeit zu verwirklichen sind). Sollte dies nicht der Fall sein, so bleibt die Skepsis insbesondere seitens der Umweltverbände berechtigt.

Zur Geschichte des Klimaschutzes gehört auch, dass die bisherigen Vereinbarungen entweder nicht oder nur unzureichend umgesetzt wurden. Die Demontage des Rio-Ziels, das auf dem Erdgipfel 1992 beschlossen wurde, begann unmittelbar danach bei den Beratungen des Kyoto-Protokolls, ging im Ratifizierungsprozess des Vertrages weiter und reichte bis zur unzureichenden Umsetzung der beschlossenen, abgeschwächten Maßnahmen. Auch beim Paris-Abkommen beginnt die Arbeit zur notwendigen Emissionsbegrenzung erst noch. Das derzeit Erreichte ist im Sinne einer Rahmenvereinbarung zu verstehen. Zumal es bisher nicht zu der notwendigen Konkretisierung gekommen ist, um die Erderwärmung deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen.

Die Ratifizierung des Abkommens durch mindestens 55 Staaten, deren Emissionen mehr als 55 Prozent der globalen Treibhausgase (THG) ausmachen, wurde vergleichsweise schnell erreicht. Im Gegensatz hierzu kam es beim Kyoto-Protokoll, das im Jahr 1997 verabschiedet wurde, erst 2005 dazu – und dies, nachdem die Ziele und Verpflichtungen aufgeweicht wurden. Die Gründe waren insbesondere die Blockaden großer oder einflussreicher Länder wie den USA, China, Indien oder der Ölstaaten, die Dominanz kurzfristiger wirtschaftlicher Interessen und die Ignoranz gegenüber wissenschaftlichen Fakten. Kein Wunder, dass sich die UN-Klimaverhandlungen auf das Prinzip Hoffnung reduzierten. Es ist zu hoffen, dass die nächsten Konferenzen besser werden.

Die USA, wo Klimaskeptiker in Senat und Abgeordnetenhaus stark vertreten sind, haben eine doppelbödige Strategie verfolgt: Im Kyoto-Protokoll setzten sie das Grandfathering-Prinzip durch (vgl. hierzu Info 5-3). Damit wurden die Unterschiede bei Pro-Kopf-Emissionen zwischen den Industriestaaten und den Schwellen- und Entwicklungsländern festgeschrieben. Von den Ländern mit einem hohen Verbrauch fossiler Energien wurden nämlich hohe – dadurch aber insgesamt gerechte – Reduktionspflichten befürchtet, während Schwellen- und Entwicklungsländer keine Reduktionsverpflichtungen zu erfüllen hätten. Diese Konsequenz führte dazu, dass das Kyoto-Protokoll von den USA abgelehnt wurde.

Info 5-3 | Das Grandfathering-Prinzip

In der internationalen Klimadiplomatie (Kyoto-Vertrag) wurde gezielt das „Grandfathering-Prinzip“ angewendet. Es soll der Verteilung künftiger Emissionsrechte dienen. Wie bei einem großzügigen Großvater sollen alle Beteiligten zu einem bestimmten Zeitpunkt gleichbehandelt werden. Bei der Aufteilung der Emissionsrechte wird daher ein bestimmtes Basisjahr zugrunde gelegt. Im Kyoto-Protokoll war dies das Jahr 1990.

Dieser Vorgehensweise wollen sich allerdings viele Länder nicht unterwerfen. Weltweit verteilen sich die Treibhausgas-Emissionen pro Kopf der Bevölkerung sehr unterschiedlich. Pro Kopf emittierte China beispielsweise im Jahr 2015 etwa 7 Tonnen CO2, während es jeder US-Bürger auf knapp 16 Tonnen brachte. Indien wies demgegenüber einen Pro-Kopf-CO2-Verbrauch von circa 1,5 Tonnen auf. Mit einem Wert von 36 Tonnen im Jahr 2015 zählte der führende Erdgas-Exporteur Katar zu dem Land mit dem weltweit höchsten CO2-Wert pro Einwohner.

Zahlreiche Länder des Südens befürchten, dass die Entwicklungsunterschiede zum Norden festgeschrieben werden, wenn auch die ihnen erlaubten treibhauswirksamen Emissionen nach dem Grandfathering-Prinzip begrenzt werden. Mit Blick auf energiearme, aber ansonsten rohstoffreiche Länder sowie Länder mit einem geringen Durchschnittseinkommen nimmt das Verteilungsprinzip des Grandfathering schon fast imperialistische Züge an.

Die US-Regierungen, die den globalen und völkerrechtlich verbindlichen Klimaschutz torpediert haben, wurden nicht nur von konservativen Republikanern gestellt, sondern anfangs auch von gemäßigteren Demokraten wie Bill Clinton und Al Gore. Da half es auch nicht, dass sich die EU-Staaten, obwohl sie eigentlich eine Energie- oder eine CO2-Steuer für den Klimaschutz wollten, auf den Emissionshandel eingelassen haben. Es sollte eine Brücke zu den USA gebaut werden, welche das Prinzip des Emissionshandels bereits in ihrem Clean Air Act zur Reduktion von Luftschadstoffen nutzten.

Möglicherweise war das Pariser Abkommen das, was realpolitisch herauszuholen war. Aber das Mögliche ist noch nicht das Notwendige, um das es beim Klimaschutz gehen muss, denn die Gesetze der Natur kennen keine Taktik. Mit Blick auf zukünftige Generationen muss es um mehr gehen. Insbesondere die Umweltverbände sind gefordert, die Schwachstellen des Paris-Abkommens anzusprechen. Die NaturFreunde Deutschlands stellen sich dieser Verantwortung.

Info 5-4 | Die Schwachstellen des Pariser Abkommens

  1. Der Pariser Vertrag vermeidet eine klare Aussage (Umfang und Zeitplan) zur Dekarbonisierung, beim Klimaschutz geht es aber um ein schnelles Ende der fossilen Dinosaurier.
  2. Er sagt wenig zum Hauptenergieträger Öl. In keinem Bereich ist die „fossile Welt“ so ungebrochen wie bei der motorisierten Mobilität, die zu 95 Prozent auf dem „schwarzen Gold“ aufbaut. Die Zuwachsraten steigen weiter an, durch energieintensive Zusatzeinrichtungen, die heute Standard sind (wie Klimaanlage oder elektrische Hilfsmotoren für Fensterheber), gehen die Verbrauchswerte pro Fahrzeug insgesamt nur langsam zurück. Die Kraftstoffmenge wird durch das Massenwachstum des Autoverkehrs überkompensiert. Die höchsten Zuwachsraten hatten in den letzten Jahren die Fahrzeugkategorie der spritfressenden Geländewagen und der SUV. Sie haben real rund 25 Prozent höhere Material- und Kraftstoffverbräuche als ein vergleichbar motorisierter PKW.
  3. Der Pariser Vertrag baut auf nationalen Selbstverpflichtungen (sogenannte INDC) auf. Sanktionsmöglichkeiten bei einem Nichterreichen sind nicht vorgesehen, sondern lediglich Überprüfungen.
  4. Die Erfahrung ist, dass viele Selbstverpflichtungen nicht eingehalten werden.
  5. Die Wahrscheinlichkeit, dass die im Paris-Abkommen aufgelisteten Maßnahmen ihr Ziel erreichen, wurde mit nur 60 Prozent eingerechnet. Das ist weniger als bisher üblich. Der Verdacht eines geschönten Bildes drängt sich auf.
  6. Die unklare Definition, was unter Klimaneutralität zu verstehen ist, lässt Hintertüren offen und Schlupflöcher zu. Ist eine Renaissance der Atomenergie gemeint? Die Legitimierung der umstrittenen Abscheidetechnik Carbon Capture and Storage (CCS)? Oder Geoengineering in Atmosphäre oder Ozeanen?
  7. Besonders problematisch für die Entwicklungsländer sind die vagen Finanzzusagen und unklaren Verfahrensregeln für Anpassungshilfen an den Klimawandel.
  8. Nicht hinreichend geklärt ist, wie die Überprüfung der Emissionsreduktionen aussehen soll. Vage ist auch die Einbeziehung der großen Schwellenländer in das internationale Klimaregime.

Die Zeit wird knapp. Zum Zeitpunkt der COP21 in Paris überschritt die globale Erwärmung bereits die Ein-Grad-Grenze. Dabei haben sich die Auswirkungen der THG-Emissionen aus den letzten vier Jahrzehnten noch gar nicht voll entfaltet. Die atmosphärischen Anpassungsprozesse überdauern lange Zeiträume. Der Anstieg des Meeresspiegels durch die Eisabschmelzungen in den Polregionen zieht sich über einen noch viel längeren Zeitabschnitt hin.

Der Hebel gegen die ökologische Selbstzerstörung muss daher sofort umgelegt werden. Für Deutschland bedeutet dies, dass bis zum Jahr 2025 die Verbrennung von fossilen Energien beendet sein muss. Von Politik und Wirtschaft wird dies derzeit als völlig unrealistisch angesehen. Doch darauf nehmen die Gesetze der Natur keine Rücksicht. Der Prozess der Erderwärmung läuft in eine Richtung ab, die zu schwerwiegenden negativen Konsequenzen führt, wenn es nicht schnell zu einer Wende kommt.

Um das geforderte 1,5-Grad-Celsius-Ziel zu erreichen, das vor allem von den pazifischen Inselstaaten gefordert wird, die um ihre Existenz kämpfen, darf maximal weltweit insgesamt nur noch eine Menge an Öl, Gas und Kohle verbrannt werden, die rund 260 Gigatonnen an CO2-Emissionen entspricht. Allein im Jahr 2014 wurden durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe 32 Gigatonnen freigesetzt. Doch die THG-Emissionen steigen weiter an. Die nachholende Industrialisierung, das anhaltende Bevölkerungswachstum und die große soziale Ungleichheit auf der Welt tragen dazu maßgeblich bei. Um den armen Ländern der Dritten Welt aus sozialen Gründen eine Chance auf Entwicklung zu geben, müssen daher die Industriestaaten, die in den vergangenen beiden Jahrhunderten auf Kosten der Zukunft und großer Teile der Dritten Welt gewirtschaftet und konsumiert haben, ihre Anstrengungen zum Klimaschutz massiv verstärken.

Info 5-5 | Es gibt keine globale Solidarität

Die Frage ist, warum es trotz der globalen Umweltgefahren keine globale Solidarität gibt, die ein gemeinsames Handeln möglich macht. Drei Gründe sind zu nennen:

  1. Die Auswirkungen der Erderwärmung verteilen sich auf tragisch ungerechte Weise auf unterschiedliche Regionen und Gesellschaftsschichten.
    Die Industriestaaten sind die Hauptverursacher der Treibhausgase, aber durch die geografische Trennung von Emissionsquellen und den Folgen werden die größten Schäden überwiegend in den ärmsten Regionen angerichtet, die über die geringsten finanziellen und technologischen Möglichkeiten für einen nennenswerten Schutz verfügen, aber meist nur wenig zum Klimawandel beitragen. Darin liegt auch eine Ursache für die steigende Zahl von Geflüchteten, denn im Jahr 2013 haben allein 22 Millionen Menschen ihre Heimat durch Stürme, Schlammlawinen und Erdbeben verloren, dreimal mehr als durch Krieg. Die Hauptverursacher reagieren mit rigoroser Abschottung. Auf Dauer wird es auf einem zunehmend unbewohnbaren Planeten jedoch keine grünen Oasen der Sicherheit und des Wohlstands geben können.

  2. Seit geraumer Zeit geht es beim Klimaschutz immer weniger um Vorsorge und Vermeidung, sondern fast nur noch um die für die Industriestaaten scheinbar bequemere Anpassung an den Klimawandel, bei der die Lasten ungleich verteilt sind und die den Norden der Erde vermeintlich preiswerter kommt.
    Für arme Inselstaaten wie Indonesien oder tief liegende Küstenregionen wie Bangladesch ist eine Anpassung schon aus geografischen Gründen faktisch nicht möglich. Viele Entwicklungsländer verfügen zudem gar nicht über die finanziellen und technischen Möglichkeiten, sich wirksam zu schützen. Die Erderwärmung verschärft die Ungleichheiten auf der Welt.

  3. Der tagtäglich verursachte Klimawandel hat eine Anpassungsfrist von vier bis fünf Jahrzehnten, bis die Treibhausgase wirksam werden.
    Damit verschlechtert er in erster Linie die Lebenschancen künftiger Generationen. Große Teile der heute lebenden Menschen werden die Folgen ihres Handelns nicht zu spüren bekommen. Es gibt eine Zeitverzögerung zwischen der Anreicherung der Wärme stauenden Gase in der Troposphäre und den Auswirkungen in der Wetterbildung. In den Meeressystemen (zum Beispiel Anstieg des Meeresspiegels durch das Abschmelzen der Eisschichten) dauern die Prozesse sogar noch viel länger. Das heißt auch, dass der anthropogene Klimawandel in den nächsten Dekaden nicht mehr zu verhindern ist, sondern höchstens durch großflächige Aufforstungs- und Schutzmaßnahmen verlangsamt werden kann. Der Klimawandel verläuft nicht linear, sondern zeigt sich vornehmlich in der Zunahme von Wetterextremen.

Solidarität mit der Natur, den Armen und kommenden Generationen findet bis heute nicht oder nur unzureichend statt. Ein wichtiger Grund liegt darin, dass die Erderwärmung zwar ein globales Problem ist, die Folgen des Klimawandels aber nicht gleichmäßig verteilt sind. Erschwerend kommt hinzu, dass die direkten Auswirkungen der Klimaänderungen, beispielsweise in Form zunehmender Extremwetterereignisse, lokal und regional auftreten. Die Ursachen des Klimawandels liegen zudem weit überwiegend in der Vergangenheit begründet und wirken erst zeitversetzt global. Das bedeutet: Verschiedene Generationen haben in unterschiedlicher Verantwortung und in unterschiedlichen Regionen die Folgen des Klimawandels zu tragen. Dieses Problem ist aber in der notwendigen globalen Solidarität anzugehen. Das ist eine der ursächlichen Aufgaben der nachhaltigen Entwicklung, gefordert in der Agenda 2030 der Vereinten Nationen.

5.2 Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen

Die immanente Krise des Klimaschutzes liegt aus der Sicht der NaturFreunde Deutschlands darin begründet, dass den ökologischen Gefahren keine ganzheitliche Vision des menschlichen Fortschritts entgegengestellt wird. Diese Vision muss den Menschen eine gerechte Chance auf Entwicklung aufzeigen, die auch die Armutsbekämpfung einbezieht. Deshalb muss der Klimaschutz in einen Zusammenhang mit der Agenda 2030 der Vereinten Nationen gestellt werden.

Der Kern der Agenda 2030, die wie das Paris-Abkommen im Jahr 2015 beschlossen wurde, sind die 17 nachhaltigen Entwicklungsziele, auch Sustainable Development Goals (SDG) oder Nachhaltigkeitsziele genannt. Abgeleitet aus dem englischen Originaltitel wurde diesem Fahrplan der programmatische Titel „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung“ verliehen. Zu den Hauptzielen gehören unter anderem die Sustainable Development Goals, die neben der Bekämpfung von Hunger und Armut sowie der Forderung nach Bildung und Gesundheit für alle auch ein würdiges Leben innerhalb der planetaren Grenzen zum Ziel haben. In insgesamt 169 Unterzielen wird erklärt, worum es geht, was getan werden muss und bis wann die Ziele erreicht werden sollen. Menschen mit Behinderungen sind in acht der 17 Ziele ein Thema. Mehr als 80 Prozent von ihnen leben in Armut.

Info 5-6 | Die 17 Ziele der Agenda 2030

Die 17 Hauptziele der Agenda 2030 lassen sich verschiedenen Fokusgruppen zuordnen. Die Ziele 1 bis 11 können als sozio-ökonomische Ziele bezeichnet werden. Das Ziel 12 ist auf den Bereich nachhaltiger Konsum und Produktion ausgerichtet. Die Hauptziele 13 bis 15 repräsentieren die Umweltziele während das Ziel 16 den Bereich Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen in den Blick nimmt. Das Ziel 17 umfasst den Bereich Partnerschaften im Prozess der nachhaltigen Entwicklung. Nachfolgend wird ein Überblick über die jeweiligen Hauptziele der Agenda 2030 im Einzelnen gegeben:

Nachhaltigkeitsziel 1 – Armut in allen ihren Formen und überall beenden: 2030 soll es keine existenzielle Armut mehr geben. Verletzliche Personengruppen sollen einen gleichberechtigten Zugang zu wirtschaftlichen Ressourcen von Grund und Boden bis zu Finanzdiensten erhalten, von den staatlichen Sozialsystemen erreicht und vor Katastrophen besser geschützt werden.

Nachhaltigkeitsziel 2 – Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern: Kein Mensch soll mehr an Hunger leiden. Das gilt insbesondere auch für verletzliche Minderheiten. Niemand soll Nahrung essen müssen, die krank macht. Es gilt, zum Beispiel Erträge aus der Landwirtschaft zu verdoppeln, sie nachhaltig zu gestalten und faire und stabile Preise dafür sicherzustellen.

Nachhaltigkeitsziel 3 – Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern: Die Mütter-, Kinder- und Säuglingssterblichkeit soll deutlich verringert werden. Epidemien will man bekämpfen, den Alkohol- und Tabakkonsum eindämmen und die Zahl der Verkehrstoten verringern. Vor allem aber soll der Zugang zu Gesundheitsversorgung für alle Menschen gewährleistet sein. Dafür bedarf es unter anderem der Absicherung vor den finanziellen Risiken bei Erkrankung.

Nachhaltigkeitsziel 4 – Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern: Die Schulbildung soll weltweit kostenlos und der Zugang zu beruflicher und weiterführender Bildung bezahlbar sein. Analphabetismus soll es 2030 nicht mehr geben. Menschen mit Behinderungen sollen alle Bildungs- und Ausbildungsangebote offenstehen. Außerdem wird auch für sie der Bau barrierefreier beziehungsweise der Umbau vorhandener Bildungsstätten gefordert.

Nachhaltigkeitsziel 5 – Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen: Bis 2030 sollen Diskriminierung, Gewalt gegen und Ausbeutung von Frauen und Mädchen beseitigt sein. Frauen und Mädchen will man verstärkt in Führungspositionen bringen, ihnen den Zugang zu Verhütungsmitteln sichern und sie durch Rechtsvorschriften schützen.

Nachhaltigkeitsziel 6 – Verfügbarkeit von Wasser, seine nachhaltige Bewirtschaftung und Sanitärversorgung für alle gewährleisten: Bis 2030 soll es Trinkwasser für alle und eine weltweite, geschlechtersensible und barrierefreie Sanitärversorgung geben. Außerdem soll die Qualität des Wassers besser und seine Verwendung effizienter werden.

Nachhaltigkeitsziel 7 – Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern: Hauptsächliche Ansatzpunkte sind die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien und die Verdopplung der Energieeffizienz weltweit. Ansetzen will man vor allem in den Entwicklungsländern.

Nachhaltigkeitsziel 8 – Dauerhaftes Wirtschaftswachstum, das breitenwirksam und nachhaltig ist, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern: Die am wenigsten entwickelten Länder steigern bis 2030 ihr Bruttoinlandsprodukt jährlich mindestens um sieben Prozent, zum Beispiel durch Produktivitätssteigerung und nachhaltigen Tourismus. Kinderarbeit soll bis 2025 beseitigt sein. Bis 2030 soll produktive Vollbeschäftigung und gleicher Lohn für gleiche Arbeit insbesondere auch für Menschen mit Behinderungen erreicht sein.

Nachhaltigkeitsziel 9 – Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen: Der Anteil des industriellen Sektors an der weltweiten Wertschöpfung soll gesteigert, in den Entwicklungsländern bis 2030 verdoppelt werden. Zum Beispiel soll die Industrieproduktion nachhaltiger gestaltet und die Forschung verstärkt gefördert werden. Vor allem in Entwicklungsländern wird in Infrastruktur investiert. In den am wenigsten entwickelten Ländern soll bis 2020 die allgemeine Anbindung an das Internet hergestellt sein.

Nachhaltigkeitsziel 10 – Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern: Die ärmsten 40 Prozent der Weltbevölkerung sollen bis 2030 höhere jährliche Einkommenszuwächse haben als der Rest, zum Beispiel durch Minderheitenschutz, Chancengleichheit und rechtspolitische Aktivitäten der Staaten. Entwicklungsländern soll mehr Gerechtigkeit widerfahren: durch Mitbestimmungsrechte in globalen Finanzinstitutionen über Entwicklungsgelder und direkte Investitionen. Unter anderem für Menschen mit Behinderungen fordert man vollständige wirtschaftliche und politische Inklusion bis 2030.

Nachhaltigkeitsziel 11 – Städte und Siedlungen inklusiv gestalten, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig: Der städtische Wohnraum soll für alle bezahlbar werden. Der öffentliche Verkehr soll ausgebaut, die Städte sicherer und sauberer werden. Die Entwicklungsländer erhalten Hilfe, das in ihren Städten zu erreichen. Für Menschen mit Behinderungen sollen der öffentliche Personenverkehr und öffentliche Gebäude und Plätze barrierefrei gestaltet sein. Damit es weniger Katastrophenopfer gibt, hat man bei den Vorsorgemaßnahmen verletzliche Menschen besonders im Blick.

Nachhaltigkeitsziel 12 – Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen: 2030 soll dieser Planet nur noch nachhaltig bewirtschaftet werden. Lebensmittelverschwendung und industriellem Raubbau wird dabei ebenso der Kampf angesagt wie der Unwissenheit der Bevölkerung und unökologischen Energiesubventionen.

Nachhaltigkeitsziel 13 – Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen: Menschen sollen vor Naturkatastrophen besser geschützt und ihr Wissen um Handlungsmöglichkeiten im Klimaschutz verbessert werden. Insbesondere den Entwicklungsländern will man helfen, ihre Klimaschutzziele zu erreichen: mit 100 Milliarden Dollar jährlich ab 2020.

Nachhaltigkeitsziel 14 – Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne nachhaltiger Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen: Bis 2020 will man die Meere nachhaltig bewirtschaften. Fünf Jahre später soll die Verseuchung der Ozeane deutlich reduziert sein. Man will die Überfischung stoppen und dabei die Entwicklungsländer durch relativ höhere Fangquoten, technische Hilfe und Weitergabe wissenschaftlicher Erkenntnisse unterstützen.

Nachhaltigkeitsziel 15 – Landökosysteme schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodendegradation beenden und umkehren und dem Verlust der biologischen Vielfalt ein Ende setzen: Bis 2020 sollen ländliche Ökosysteme wie Seen, Berge, Wälder etc. nachhaltig gesichert sein. Dann geht es bis 2030 darum, Wüstenbildung zu stoppen und – wo möglich – Land zurückzugewinnen. Die Ressourcen werden gerecht verteilt.

Nachhaltigkeitsziel 16 – Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen: Hier geht es um Verringerung von Gewalt, Kindesschutz und Bekämpfung von Korruption und staatlicher Willkür. Der Gegenentwurf sind rechtsstaatliche Gesellschaften, die ihre Bürger an Entscheidungen beteiligen. Im „globalen Dorf“ werden Entwicklungsländer mit ihren Bedürfnissen stärker unterstützt und in Entscheidungsprozessen fair berücksichtigt.

Nachhaltigkeitsziel 17 – Umsetzungsmittel stärken und die globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung mit neuem Leben erfüllen: In 20 Unterzielen geht es um Fragen der Finanzierung, des Technik-Transfers (zum Beispiel von Umwelttechniken), des Handels (Verdopplung des Anteils der Entwicklungsländer am Welthandel bis 2030) und systemische Fragen (Politikbereiche besser aufeinander abstimmen). Ziel ist eine globale Entwicklungspartnerschaft. Entwicklungsländer sollen 2020 in der Lage sein, bessere Statistiken, die unter anderem auch nach Behinderung aufgeschlüsselt sein sollen, zu erheben.

5.3 Deutschland und die Nachhaltigkeitsagenda

Die Tatsache, dass die Verabschiedung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen lediglich eine Hoffnung ist, bestätigt eine Ausarbeitung der drei Entwicklungs- und Umweltorganisationen Forum Menschenrechte, Forum Umwelt und Entwicklung und dem Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO) aus dem Jahr 2016. Die Studie „Noch lange nicht nachhaltig. Deutschland und die UN-Nachhaltigkeitsagenda“ enthält eine erste Beurteilung, wie die Ziele der Agenda 2030 im Kontext einer deutschen Nachhaltigkeitsstrategie umgesetzt würden. Die genannten Organisationen kommen zu der Einschätzung, dass die in der Agenda 2030 festgelegten Ziele in vielen Punkten zu relativieren sind.

Das Neuartige an den SDG ist, dass sie universell gültig sind. Aus der Sicht der deutschen Autoren ist es wichtig, dass die Agenda 2030 die Notwendigkeit der Veränderungen in den jeweiligen Ländern betont. Dies wird beispielsweise über die Ziele angesprochen, die sich aus menschenrechtlichen Verpflichtungen ableiten, wie etwa in den Bereichen Bildung, Gesundheit und soziale Sicherung. Einige Elemente der Nachhaltigkeitsziele beziehen sich auf die externen Effekte der deutschen Politik und Wirtschaft. Zur deren Umsetzung müssen innenpolitische Maßnahmen ergriffen werden, die auch unmittelbare Auswirkungen auf Menschen in den Ländern des Südens haben. Hierzu zählen die Reduzierung des Ressourcenverbrauchs, nicht nachhaltige Konsum- und Produktionsweisen, aber auch der Umgang mit Migrantinnen und Migranten. 

Nirgendwo wird in dem Dokument darauf eingegangen, dass die Erfolge bei der Verwirklichung der elf sozialen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeitsziele (1 bis 11), wenn sie auf der Grundlage konventioneller Methoden geschehen würde, es praktisch unmöglich machten, auch nur die Geschwindigkeit der globalen Erwärmung zu reduzieren, die Überfischung der Ozeane oder die Landverschlechterung zu stoppen, geschweige denn den Rückgang der Artenvielfalt, der sich auch in Ländern wie Deutschland bemerkbar macht (Stichwort: Abnahme der Insekten).

Wird der Blick auf das Wachstumsparadigma gelenkt, dass auch in Deutschland die vorherrschende Wirtschaftsideologie ist, so tritt die Widersprüchlichkeit des SDG-Ansatzes zu Tage. Unter der Annahme, dass es keine größeren Veränderungen in der Wirtschaft gibt, wird der Widerspruch zwischen Wissen und Handeln noch größer. Die politische Relevanz der Agenda 2030 wird sich daher erst in der Umsetzung einer deutschen Nachhaltigkeitsstrategie erweisen.

Der Handlungsbedarf ist groß. Der viel zitierte Hinweis auf den „Nachhaltigkeits-Vorreiter“ Deutschland ist über weite Strecken Wunschdenken. Er hält einer kritischen Überprüfung nicht stand – auch nicht in der Umweltpolitik. In vielen umwelt- und klimapolitischen Handlungsfeldern zeigt sich, dass die Regierungspolitik in die falsche Richtung geht – trotz aller Nachhaltigkeitsziele. Sinnbildlich steht hierfür die deutsche Verkehrspolitik. Sie ist weit weg von umwelt- und klimapolitischen Kriterien. In der Verkehrspolitik wird unbeirrt auf den weiteren Ausbau des Straßen- und Luftverkehrs und damit auf mehr Treibhausgasemissionen gesetzt.

6. NaturFreund*in sein, heißt klimapolitisch zu handeln: Beschlüsse des 30. NaturFreunde-Bundeskongresses

Anfang April 2017 hat der Bundeskongress der NaturFreunde in Nürnberg wichtige Beschlüsse für die sozial-ökologische Ausrichtung der NaturFreunde gefasst. Als wichtigstes Dokument ist das „Manifest für eine soziale und ökologische Transformation der Gesellschaft“ zu nennen. Hierin legen die NaturFreunde unter anderem ihre Auffassung dar, dass angesichts der dramatischen Veränderungen in einem Zeitalter, in dem der Mensch zum zentralen Bestimmungsfaktor über die natürlichen Lebensverhältnisse geworden ist, ein neuer Gesellschaftsvertrag notwendig ist.

Die Beschlüsse des Bundeskongresses betreffen auch konkrete Handlungsfelder der nationalen und internationalen Klimapolitik. Sie stehen in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den klimapolitischen Positionen der NaturFreunde, die in dem vorliegenden Text zur COP23 formuliert wurden.

Als traditionsreicher und führender Umwelt- und Naturschutzverband sehen die NaturFreunde sich in der Verantwortung, zu aktuellen Fragen des Schutzes unserer natürlichen Lebensverhältnisse Position zu beziehen und über ihre zivilgesellschaftlichen Handlungsmöglichkeiten in die Gesellschaft zu tragen. Denn NaturFreund*in zu sein heißt auch, klimapolitisch zu denken – und zu handeln.

Der Blick auf die aktuelle Klimaproblematik wird geleitet durch die Erkenntnis, dass die planetarischen Grenzen dessen, was unsere Erde aushält, bereits überschritten werden. Die immer wieder festgestellten Ungerechtigkeiten im Hinblick auf die Folgen des Klimawandels können von den NaturFreunden Deutschlands nicht tatenlos hingenommen werden, denn mittlerweile ist es unumstritten, dass Klimaveränderungen auch ein Auslöser für Fluchtbewegungen sind. Von daher ist auch die klimapolitische Kompetenz der Umweltverbände gefragt, wenn die Gefahr von globalen Fluchtbewegungen und verheerenden Kriegen eingedämmt werden soll.

Klimapolitisch relevant sind diejenigen Beschlüsse des 30. Bundeskongresses der NaturFreunde Deutschlands, die dem Themenbereich „Klimaschutz, Energie, Verkehr und Tourismus“ zugerechnet werden. Im Folgenden wird auf vier Beschlussfassungen eingegangen. Sie enthalten Festlegungen, die durchaus im Kontext der COP23-Diskussionen stehen. Im Einzelnen handelt es sich um die folgenden Beschlüsse:

  • Der Schutz des Klimas braucht eine nachhaltige Wirtschaftsordnung, eine gerechte Gesellschaft und mehr Demokratie
  • Klimaschutz und Verkehrspolitik: Wir fordern eine ökologisch nachhaltige Wende in der Verkehrspolitik
  • Stopp aller Atomkraftwerke!
  • Bei der Energiewende nicht nachlassen!

I. Der Schutz des Klimas braucht eine nachhaltige Wirtschaftsordnung, eine gerechte Gesellschaft und mehr Demokratie

Ausgangslage:

Für die NaturFreunde Deutschlands zeigt der Blick auf das Paris-Abkommen ein paradoxes Bild: Im Vergleich zur gescheiterten Vertragsstaatenkonferenz von Kopenhagen ist mit dem Abschlussdokument von Paris ein Durchbruch erzielt worden. Alle Konferenzteilnehmer konnten sich auf einen verbindlichen Klimaschutzfahrplan einigen. Es kam zu Resultaten, die anspruchsvoller definiert waren, als ursprünglich erwartet werden konnte. Mit der Konferenz von Paris wurde die Debatte um das 1,5-Grad-Ziel neu eröffnet. Es wurde anerkannt, dass eine weitreichende Transformation der Energiewirtschaft zur Begrenzung der Klimaerwärmung – zumindest langfristig – notwendig wird. Auf der anderen Seite basieren die zentralen Maßnahmenpakete zur Reduzierung der treibhauswirksamen Gase auf freiwillig deklarierten Absichtserklärungen der Länder. Die eingereichten Reduktionsbeiträge der einzelnen Staaten reichen bei weitem nicht aus, um die Erderwärmung auf „weit unter 2 Grad“ zu begrenzen. Bedeutende treibhausgasintensive Sektoren werden gar nicht von den Regelungen des Paris-Abkommens erfasst. So zum Beispiel der Luftverkehr und die Seeschifffahrt.

Die Aussagen der angewandten Klimaforschung belegen unbestreitbar: Zeitlich drohen den jungen und künftigen Mitbürgern existenzbedrohende Gefährdungen durch veränderte Klimabedingungen. Extremwetterereignisse werden mit steigender Häufigkeit und Intensität registriert. Die verletzlichsten Gebiete sind diejenigen Regionen, in denen die sozial Schwachen leben. Damit sind Hauptopfer und Hauptverursacher der anthropogenen Klimaänderungen nicht identisch. Dieses sowohl räumliche als auch zeitliche Auseinanderklaffen ist eine zentrale Frage der Klimaungerechtigkeit. Verteilungskonflikte sind programmiert. Insofern sind die NaturFreunde der Auffassung, dass eine wirksame Klimapolitik eine gerechte Gesellschaft und mehr Demokratie voraussetzt. Hierzu bedarf es vor allem einer Wirtschaftsordnung, die stärker als dies bisher der Fall war, dem Prinzip der Nachhaltigkeit verpflichtet ist.

Die NaturFreunde Deutschlands stellen fest:

Das Paris-Abkommen ist ein Schritt in die richtige Richtung. Seine Weiterführung und Konkretisierung wird begrüßt. Allerdings ist seit der Verabschiedung des Klimarahmenvertrags der Vereinten Nationen von 1992 viel Zeit vergangen, ohne dass es zu durchgreifenden Fortschritten beim internationalen Klimaschutz gekommen ist. Im Gegenteil: Die Treibhausgasemissionen haben sich seit Rio 1992 nahezu verdoppelt. In Deutschland wurden ursprünglich ambitioniertere Klimaschutzziele zurückgenommen. Das ist eine verantwortungslose Politik auf Kosten der armen Weltregionen und künftiger Generationen.

Die NaturFreunde Deutschlands fordern daher, dass die Bundesregierung

  • den Klimaschutzplan 2050, der unter anderem der nationalen Konkretisierung des Paris-Abkommens dienen soll, deutlich verschärft. Er bleibt weit hinter dem Notwendigen zurück, auch hinter den eigenen Ankündigungen;
  • einen verbindlichen Kohleausstiegsplan vorlegt;
  • den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht bremst, sondern sie und die Infrastruktur zügig ausbaut. Dabei muss das zentrale Ziel der Ausbau dezentraler Energiedienstleistungen sein;
  • die bäuerliche, naturnahe Landwirtschaft fördert und die industrialisierte Landwirtschaft, deren Beitrag zum Klimawandel nur unzureichend in der Agrarpolitik berücksichtigt wird, zurückdrängt.

II. Eine ökologisch nachhaltige Wende in der Verkehrspolitik ist notwendig

Ausgangslage:

Die immer noch zunehmende Belastung von Mensch und Natur durch den Verkehr gehört zu den größten Herausforderungen für die Klimaschutz- und Nachhaltigkeitspolitik.

Der Landschaftsverbrauch durch zubetonierte Verkehrswege nimmt weiter zu und unzerschnittene Landschaftsflächen werden immer kleiner – mit allen negativen Folgen für Mensch, Fauna und Flora.

Die Luftverschmutzung durch Verkehrsabgase ist eine wesentliche Ursache für die Klimabelastungen durch Treibhausgase und der die menschliche Gesundheit gefährdenden Feinstaubbelastungen.

Die im Paris-Abkommen getroffenen Vereinbarungen adressieren diese Frage in unzureichender Weise. Die verkehrspolitisch zentralen Sektoren Luftfahrt und Seeschifffahrt werden nicht im Paris-Abkommen berücksichtigt. Bestehende Möglichkeiten der notwendigen klimapolitischen Einflussnahme durch die Regierungen wurden damit in verantwortungsloser Weise verspielt.

Die NaturFreunde Deutschlands stellen fest:

Eine der größten verkehrspolitischen Herausforderungen bleibt die Reduktion von CO2-Emissionen. Die derzeitige Verkehrspolitik kann aus ökologischen, gesundheitlichen und sozialen Gründen nicht weiter akzeptiert werden. Hier muss deshalb noch ein erheblicher Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden.

Die NaturFreunde Deutschlands fordern, dass

  • die Verkehrswende zum zentralen Ziel der nationalen Klimapolitik in Deutschland gemacht wird. Hierzu gehört ausdrücklich die Konkretisierung der Verkehrsvermeidung;
  • eine umweltfreundliche Verkehrsträgerpolitik betrieben wird. Das bedeutet beispielsweise den Einsatz umweltfreundlicherer Energien und Techniken bei Straßenfahrzeugen zu begünstigen, beim Schienenverkehr den Einsatz umweltverträglicher Stromproduktion und den Ersatz technisch veralteter Fahrzeuge zu fördern. Aus dem fossilen Verbrennungsmotor ist mittelfristig auszusteigen, der Luftverkehr ist in den Emissionshandel einzubeziehen, alle Steuervorteile und Subventionen sind zu streichen und hinsichtlich der Lärmimmissionen sind entsprechende Flugverkehrseinschränkungen zu verhängen.

III. Stopp aller Atomkraftwerke!

Ausgangslage:

Auch 30 beziehungsweise 5 Jahre nach den verheerenden Reaktorkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima zeigt sich, dass es keine Sicherheit bei Atomkraftwerken gibt. So weisen die Reaktordruckbehälter in den beiden belgischen Atomkraftwerken Doel 3 und Tihange 2 tausende von kleinen Rissen auf. Sicherheitsüberprüfungen haben ergeben, dass es sich hierbei um Materialermüdung handelt. Vermutet wird hier ein weltweites Problem für den gesamten Nuklearsektor. Hinzu kommt ein langfristiges Problem der atomaren Sicherheit: In keinem Land sind die Fragen der Endlagerung des hochradioaktiven Atommülls gelöst.

Trotzdem werden immer noch Atomkraftwerke in Deutschland, in Europa und überall auf der Welt betrieben. Dabei sind Atomkraftwerke auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten negativ zu beurteilen. Sie sind nur durch hohe Subventionen der öffentlichen Hand – also über die Allgemeinheit – zu finanzieren. Alles in allem wird von den NaturFreunden Deutschlands der Weiterbetrieb für unverantwortlich gehalten.

Besorgt sind die NaturFreunde darüber hinaus, dass im Paris-Abkommen, keine eindeutige Aussage zur Ablehnung der Atomenergie enthalten ist. Diese kapitalintensive zentralistische Art Energie zu produzieren ist – auch wenn sie zunächst als relativ CO2-arm erscheint – klimapolitisch kontraproduktiv. Sie verdrängt die sinnvolleren Alternativen der dezentralen Nutzung der Erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz. Das Offenhalten der „nuklearen Option“ im Paris-Abkommen als möglicher Beitrag zum Klimaschutz wird insbesondere unter Risikogesichtspunkten von den NaturFreunden Deutschlands als sehr kritisch gesehen und daher abgelehnt.

Die NaturFreunde Deutschlands stellen fest:

Das von der Bundesregierung kurz nach dem katastrophalen Atomunglück in Fukushima beschlossene „Aus“ für die Atomenergienutzung ist nicht zuletzt ein Lehrstück darüber, dass Geschäftsmodelle, die von einem erheblichen Anteil der Bürger als unverantwortbar angesehen werden, in einer Demokratie auch rein unternehmerisch auf Dauer nicht funktionieren können. In diesem Zusammenhang sei nur daran erinnert, dass sich in der Anfangsphase der bundesdeutschen Atomenergienutzung kein Wirtschaftsakteur bereitfand in diese Technologie zu investieren. Das ökonomische Risiko im Falle eines großen Reaktorunfalls wurde als nicht akzeptabel bewertet. Diese anfängliche Zurückhaltung sollte sich erst ändern, als der Staat sich bereit erklärte, die Versicherungskosten im Falle eines für die Atomwirtschaft „unzumutbaren“ Überschreitens der Kosten zu übernehmen.

Für die NaturFreunde Deutschlands sind jedoch in erster Linie Sicherheitsüberlegungen ausschlaggebend für das Festhalten an einem Stopp für alle Atomkraftwerke.

Die NaturFreunde Deutschlands fordern die Bundesregierung auf,

  • sich für eine Auflösung des EURATOM-Vertrages einzusetzen;
  • die Brennelemente-Fabrik in Lingen und die Uran-Anreicherungsanlage in Gronau zu schließen;
  • auf Staaten wie Polen, die Slowakei, Tschechien, Ungarn, Finnland, Großbritannien, Frankreich und die Niederlande in der Weise einzuwirken, dass die dort geplanten Atomkraftwerke verhindert werden;
  • sich mit all ihren Möglichkeiten dafür einzusetzen, dass die in der Türkei geplanten Atomkraftwerke nicht gebaut werden.

IV. Bei der Energiewende nicht nachlassen!

Ausgangslage:

Die Energiewende ist das Ergebnis jahrzehntelanger Vorarbeiten und Debatten. Es waren und sind die Bemühungen um eine ökologische und klimaverträgliche Form der Energieversorgung. Weil eine solche Initiative weit mehr ist als ein technisch-ökonomisches Projekt, müssen sich Politik und Öffentlichkeit der Tragweite der Veränderungen ebenso bewusst sein wie des schwierigen und längerfristigen Umbaus der Energiewirtschaft. Doch das Energiesystem arbeitet nicht „im Hintergrund“, sondern ist vielfältig mit den Akteuren der Gesellschaft verknüpft. Die NaturFreunde Deutschlands sind der Überzeugung, dass die Energiewende keine Aufgabe allein für Ingenieure und Manager ist. Um erfolgreich zu sein, muss sie zu einem Gemeinschaftswerk aller gesellschaftlichen Anspruchsgruppen werden.

Was jedoch nicht vergessen werden darf, ist die Tatsache, dass Bürgerinnen und Bürger durch eine Demokratisierung und Dezentralisierung der Energiewirtschaft einzubeziehen sind. Die NaturFreunde Deutschlands werden zur aktiven Beteiligung der Zivilgesellschaft ermuntern – im Sinne von Akteuren des Wandels. Die Energiewende ist kein schmückendes Beiwerk, sondern tragender Pfeiler der ökologischen Erneuerung und braucht gesellschaftliche Akzeptanz.

Das Pariser Abkommen ist ein erster, wenn auch zaghafter Schritt zu einer umfassenden Energiewende. Dass sich erstmals alle Staaten der Welt zum Klimaschutz verpflichtet haben, ist – mit Blick auf eine breitere Umsetzung der Energiewende – ein gewisser Fortschritt.

Allerdings sind der Gebäude- und der Verkehrsbereich, aber auch die Landwirtschaft, die Stiefkinder der Energiewende. Dies gilt im besonderen Maße für die Regelungen im Paris-Abkommen. Diese sind nach Einschätzung der NaturFreunde Deutschlands besonders enttäuschend ausgefallen. Hier müssen mutigere Schritte gegangen werden.

Die NaturFreunde Deutschlands stellen fest:

Da es für die Energiewende kein historisches Vorbild gibt, wird die Umsetzung der Energiewende von den NaturFreunden Deutschlands als ein sozial-ökologischer Transformationsprozess angesehen. Er kann seine Wirkung dann am besten entfalten, wenn er als ein nationales gesellschaftliches Experimentierfeld für die Reformfähigkeit eines hoch entwickelten Industrielandes im Zeitalter der Globalisierung umgesetzt wird.

Die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende bedeutet, dass eine langfristige und vorausschauende Prozess- und Steuerungsverantwortung wahrgenommen werden muss. Dies verlangt einen „gestaltenden Staat“. Die Freisetzung von technisch-sozialen Innovationen und die beschleunigte Markttransformation werden als Chancen der Energiewende gesehen. Die zu zaghaft und zu vage ausformulierten Anforderungen des Paris-Abkommens werden eher als ein Risiko aufgefasst, welches die mit einer globalen Energiewende verbundenen klimapolitischen Ansatzpunkte verpuffen lässt.

Die NaturFreunde Deutschlands fordern die Bundesregierung auf,

  • bei der nach der Atomkatastrophe von Fukushima eingeleiteten Energiewende nicht nachzulassen;
  • zu festen Vergütungssätzen zurückzukehren, da sie zunächst unumgänglich sind;
  • die Deckelung beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu streichen;
  • den Fokus bei der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien auf langfristig verlässliche Rahmenbedingungen der Einspeisung zu legen;
  • eine sektorenübergreifende Strategie im Zusammenwirken von Strom, Wärme und Mobilität zu entwickeln (Stichwort: Sektorenkopplung).

7. Klimaschutz konkret

Als Verband der Nachhaltigkeit mit einem großen Häuserwerk haben die NaturFreunde Deutschlands viele Chancen und Möglichkeiten, Klimaschutz konkret zu machen. Es geht darum, die Beschlüsse des 30. Bundeskongresses der NaturFreunde Deutschlands auf eine konkretere Handlungsebene herunterzubrechen. Die nachfolgenden Beispiele zeigen hierzu einige Möglichkeiten: neue Formen der Mobilität, regionale Nahrungsangebote, Naturschutz, erneuerbare Energien, Umweltbildung, etc.

Wir haben hier nur einige Beispiele für denkbare Angebote aufgelistet. Weitere Vorschläge sind herzlich willkommen.

Beispiel: ökologisches Beschaffungswesen

Wie nachhaltig konsumiert München? Dazu hat der Bezirk München der NaturFreunde ein transparentes und aufschlussreiches Verfahren entwickelt. Es zeigt, dass der öffentliche Sektor ein großes, aber ungenutztes Potenzial für eine ökologische und zugleich sozial gerechte Infrastruktur hat. Sehr empfehlenswert.

Ansprechpartner:
NaturFreunde Bezirk München, Theo Strottner, Reichenbachstr. 53, 80469 München

www.nfmonitor.de

Beispiel: Carsharing

Carsharing ist im Alltag angekommen. Drei Carsharing-Arten haben sich bis heute in Deutschland durchgesetzt:

das klassische, stationsbasierte Autoteilen,
das private Carsharing,
das Free-floating Carsharing.

Klar, ein Auto, das im Durchschnitt fast 23½ Stunden am Tag steht, mit anderen zu teilen, ist einfach sinnvoll – für den Geldbeutel und die Umwelt. Auch der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat Tipps und Ratschläge dazu. Informiert Euch.

www.vcd.org   

Beispiel: Fahrradnutzung

Würden auch weiter entfernte Ziele von der Bevölkerung als „gut mit dem Fahrrad erreichbar“ wahrgenommen, stiege das Reduktionspotenzial deutlich auf sechs bis elf Prozent der gesamten CO2-Emissionen des werktäglichen Personenverkehrs. Werden neben der reinen Verlagerung auch Strategien der Verkehrsvermeidung integriert, sind Fahrleistungsrückgänge von 19 bis 38 Prozent beziehungsweise eine CO2-Minderung von 13 bis 27 Prozent errechnet worden. Kopenhagen zeigt, was geht. Die Ergebnisse belegen die Potenziale des Radverkehrs und deren Einordnung in ganzheitliche nachhaltige Strategien. Dadurch wird deutlich, welchen Beitrag die Verlagerung von Verkehrsmittelanteilen (Modal Shift) vom motorisierten Individualverkehr (MIV) sowie die Vermeidung von weiten MIV-Wegen leisten kann. Hinweise dafür gibt das Bundesumweltamt in Dessau.

www.umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/garten-freizeit/fahrrad-radeln

Beispiel: Energieeffizienz

Bei der Erzeugung von Strom verschwinden zwischen 50 und 70 Prozent der eingesetzten Rohstoffe als Abwärme in Flüssen oder in der Luft. Es ginge auch anders: Moderne Kraftwerke erzeugen Strom und schicken ihre Restwärme durch Rohre in die Häuser. Im Idealfall käme die Energie sogar ganz klimaneutral aus nachwachsender Biomasse.

Stromverschwendung ist ein Problem beim Klimaschutz. Deutschland, das sich als Vorreiter sieht, würde zwar gerne viel effizienter damit umgehen. Aber allein der Stromverbrauch stieg von 1993 bis 2005 um 18 Prozent und ist verantwortlich für fast die Hälfte der gesamten deutschen Kohlendioxid-Emissionen. Die Energieagenturen oder die Verbraucherberatungen geben viele Beispiele, was alles möglich ist.

www.energieagenturen.de
www.verbraucherzentrale.de

Beispiel: Waldschutz

Aufforstung in Guatemala und in weiteren Projekten in Süd- und Mittelamerika: In einer der artenreichsten Regionen sollen viele tausend junge Bäume gerodeten Wald ersetzen. Mit 30 Euro wird man „Aktionär“ und stiftet 30 Bäume und unzählige Kilo CO2, das in den nächsten Jahren der Atmosphäre entzogen wird. Die „Maya-Aktie“ erhält man mit ausführlichen Projektinfos.

Verringerung von illegalen Aktivitäten im 71.140 Hektar großen Schutzgebiet in Kuba. Der Humboldt-Nationalpark kann unter anderem durch den Einsatz von Rangern vor der Rodung geschützt werden. Mit 50 Euro kann zum Beispiel ein Ranger zum Teil ausgerüstet werden. Dafür bekommt man die „lebende Klimaaktie“ mit ausführlichen Projektinfos. Das wird organisiert über OroVerde in Frankfurt am Main.

www.regenwald-schuetzen.org

Beispiel: CO2-Bilanz

Zehn Haushalte aus Wiesloch haben ein Jahr lang auf ihre CO2-Bilanz geachtet und daran gearbeitet, ihren CO2-Fußabdruck zu verringern. Sie wurden von Fachleuten kompetent betreut, haben ausprobiert, was für sie funktioniert, ihre Erfahrungen ausgetauscht und für alle Bürger beschrieben. Dabei war der Klimaschutz von besonderer Bedeutung. Die Idee ist, nicht nur Theorie zu verbreiten (das macht die Bürgerstiftung auch) sondern ganz konkret Beispiele zu geben, was für eine Familie funktioniert oder auch nicht funktioniert, was einfach oder schwer war, was jeder Einzelne in einem Jahr erreichen kann. Durch die begleitende Öffentlichkeitsarbeit wurde sichergestellt, dass viele Bürgerinnen und Bürger diese Beispiele kennenlernen können.

www.buergerstiftungen.org

Beispiel: Bildung

Das schulische Langzeitprojekt „Klimaschutz konkret“ wurde im Juli 2012 gestartet und Ende Juni 2014 abgeschlossen. Beteiligt waren drei Freiburger Gymnasien mit jeweils einer 9. Klasse. Ziel des Projektes war es, die Potenziale und Rahmenbedingungen für eine Zusammenarbeit beim Klimaschutz auszuloten. Das Projekt geht der Frage nach, was die Schüler mit dem erlernten Wissen zu Hause in ihrem familiären Umfeld für den Klimaschutz tun können, inklusiv der Animation der Eltern und Geschwister, und wie viel CO2 sich dabei innerhalb eines Jahres einsparen lässt, angespornt durch einen Wettbewerb.

Wenn auch nicht repräsentativ, zeigen die ermittelten Daten bei Strom, Warmwasser, Heizung und dem motorisierten Individualverkehr die großen Potenziale für eine CO2-Reduzierung in den Schülerhaushalten. Hier besteht eine große Chance, den Klimaschutz in der Bevölkerung zu verankern und veränderte Verhaltensweisen einzuüben. Informationen über Innovation Academy e.V.

www.innovation-academy.de/klimaschutz-konkret

Beispiel: Stromanbieterwechsel

Ein Wechsel zu einem Öko-Stromanbieter verbessert die persönliche Treibhausgasbilanz und sichert den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland. Das hilft, den Klimawandel zu begrenzen und seine negativen Folgen für die Menschen in den armen Ländern zu verringern. Hinweise geben unter anderem die Verbraucherzentralen.

www.verbraucherzentrale.de

8. Leseempfehlungen

Blätter für deutsche und internationale Politik: Mehr geht nicht! Der Postwachstums-Reader. Berlin 2015

Forum Menschenrechte, Forum Umwelt und Entwicklung, Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO) Hrsg.: Noch lange nicht nachhaltig. Deutschland und UN- Nachhaltigkeitsagenda. Berlin 2016

IPCC: Der 5. Sachstandsbericht. Genf 2014

Müller, Michael / Fuentes, Ursula / Kohl, Harald: Der UN-Weltklimareport. Köln 2007

Müller, Michael / Niebert, Kai: Epochenwechsel. München 2009

NaturFreunde Deutschlands: Ein neuer Gesellschaftsvertrag – Manifest für eine soziale und ökologische Transformation. Nürnberg 2017

Papst Franziskus: Enzyklika Laudato Si. Vatikan 2015

Politische Ökologie. München

Reimer, Nick: Schlusskonferenz. Geschichte und Zukunft der Klimadiplomatie. München 2015

Rockström, Johan et al.: A safe operating space for humanity. In: Nature 461, 2009

Schellnhuber, Hans Joachim: Selbstverbrennung. Die fatale Dreiecksbeziehung zwischen Klima, Mensch und Kohlenstoff. München 2015

Sommer, Jörg / Müller, Michael: Unter 2 Grad? Stuttgart 2017

Stern, Nicolas: Review on the Economics of the Climate Change. Cambridge 2006

www.klimaretter.info (Online-Magazin mit kompetenten Informationen zum Klimaschutz)