Hand in Hand gegen Rassismus: Für eine Gesellschaft in der Tradition des Humanismus und der Aufklärung

Ein Beschluss des 32. Bundeskongresses der NaturFreunde Deutschlands, der vom 25.–27. April 2025 in Kaiserslautern tagte

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„Die Sorgen, die uns bewegen, können nicht durch Deklamationen des guten Willens und durch Festreden aus der Welt geschafft werden. Die Magie der Worte Humanität, Menschenrecht, Menschenwürde, Menschenliebe, auch Brüderlichkeit, droht im Gang eines politischen Lebens ihre Kraft zu verlieren.“
Willy Brandt

NaturFreunde gegen Ausgrenzung und Hass

Die NaturFreunde wurden bereits 1895 als internati­onaler Verband gegründet. Seitdem engagieren sich die NaturFreunde gegen jegliche Form von Nationa­lismus, Antisemitismus und Revanchismus. Die Natur­Freunde setzen sich für eine Gesellschaft ohne Aus­grenzung ein und halten an ihrer Forderung für offene Grenzen für Menschen in Not fest.

Gemeinsam mit antirassistischen und antifaschisti­schen Gruppen, Organisationen und Bündnissen werden sich die NaturFreunde den rechtspopulisti­schen, nationalistischen und faschistischen Parteien und Bewegungen entgegenstellen.

In vielen Staaten der Europäischen Union haben diese Parteien und Organisationen deutlich an Zu­stimmung gewonnen. Sie schüren Vorurteile, betrei­ben Ausgrenzung und fördern die Grundlage für eine weitere Entsolidarisierung der Gesellschaft.

Rechtspopulistischen Parteien und Gruppen ist es ge­lungen, mit ihrer völkischen Argumentation die gesell­schaftliche Debatte zu beeinflussen und nach rechts zu verschieben. Mit ihren rassistischen, völkischen und migrationsfeindlichen Äußerungen haben sie bis in die politische Mitte hinein ein gesellschaftliches Klima geschürt, das in der Integrations- und Migrati­onspolitik eine drastische Veränderung einfordert.

Die Organisationen der politischen Rechten versu­chen diese Verunsicherungen für sich zu nutzen. In den ideologischen Versatzstücken der neuen und alten Rechten finden sich völkische, rassistische, biologis­tische und ethnopluralistische Ansätze, mit denen sie für ihre menschenverachtenden Ziele werben.

In nahezu allen Teilen Deutschlands nehmen die An­griffe gegen Menschen, die nicht „weiß“ sind oder einen Migrationshintergrund haben sowie gegen Ein­richtungen der politischen Linken zu. Gerade die deutsche Geschichte hat überdeutlich gezeigt, dass sich rechte und faschistische Parteien und Bewegun­gen innerhalb kürzester Zeit durchsetzen können.

Rassist*innen und völkische Gruppen schüren Hetze und haben mit ihrer aggressiven Rhetorik zu einer Verschiebung des öffentlichen Diskurses beigetra­gen. Dadurch haben Angriffe auf Menschen aufgrund ihrer Migrationsgeschichte, Hautfarbe, Religion oder sexuellen Orientierung sowie auf antirassistische und linke Einrichtungen deutlich zugenommen.

Keine Zusammenarbeit mit der AfD

Mit der bewussten Entscheidung der CDU/CSU-Frak­tion im Deutschen Bundestag, einen migrationskriti­schen Antrag mit Stimmen der AfD zu beschließen, wurde der bisherige Konsens der demokratischen Parteien und Fraktionen aufgekündigt, nicht mit den Stimmen der AfD-Fraktion Mehrheiten für Anträge zu erhalten.

Die NaturFreunde unterstützen die Aussage der ehe­maligen Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass die demokratischen Parteien gemeinsam alles tun soll­ten, um Attentate zu verhindern – „nicht als taktische Manöver, sondern in der Sache redlich, im Ton maß­voll und auf der Grundlage geltenden europäischen Rechts“. Weiter Angela Merkel: „Für falsch halte ich es, sich nicht mehr an diesen Vorschlag gebunden zu fühlen und dadurch am 29. Januar 2025 sehen­den Auges erstmalig bei einer Abstimmung im Deut­schen Bundestag eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD zu ermöglichen.“

Friedrich Merz hatte im Jahr 2022 eine Zusammen­arbeit mit der AfD kategorisch abgelehnt. Er führt da­mals aus: „Wenn irgendjemand von uns die Hand hebt, um mit der AfD zusammenzuarbeiten, steht am nächsten Tag ein Parteiausschlussverfahren an.“ Mit der Entscheidung im Deutschen Bundestag, Anträge mit den Stimmen der AfD mehrheitsfähig zu machen, wurde dieser Konsens aufgekündigt. Innerhalb der CDU/CSU haben die Forderungen nach Abschie­bungen und weiteren Aufenthaltsverschärfungen lei­der die Oberhand bekommen.

Die NaturFreunde werden sich auch weiterhin darum bemühen, gemeinsam mit allen demokratischen Parteien eine solche Verschiebung des gesellschaftli­chen Diskurses zu verhindern und sich für eine Ge­sellschaft einsetzen, in der eine Willkommenskultur für Menschen zum demokratischen Konsens gehört.

Gerade auch die deutsche Geschichte lehrt uns: Wehret den Anfängen. Schon einmal haben Demo­krat*innen und die politische Linke die Entwicklung des Faschismus unterschätzt und haben nicht ver­hindern können, dass sich rechte und faschistische Parteien und Bewegungen innerhalb kürzester Zeit durchsetzen konnten. Die Folgen waren der millio­nenfache Mord an Menschen jüdischen Glaubens, Angehörigen der Sinti*zze- und Rom*nja-Gemein­schaften, Homosexuellen, Menschen mit Beeinträch­tigungen, Demokrat*innen und politischen Linken und vielen anderen Verfolgten. Dieser nationale und völkische Größenwahn führte die Welt in einen ver­heerenden Weltkrieg.

NaturFreunde für eine solidarische Gesellschaft – Solidarität ist unteilbar

Die NaturFreunde setzen sich für eine solidarische Gesellschaft ein, in der niemand „aufgrund von kul­tureller und sozialer Herkunft, politischer Überzeu­gung, Geschlechtsidentität, sexueller Orientierung, Behinderung, des Aussehens, des Alters oder des Glaubens wegen benachteiligt wird und in der alle Menschen gleichberechtigt sind und sich frei entfalten können.“ Dies ist bereits in der Präambel der Satzung der NaturFreunde Deutschlands festgeschrieben.

Zusammen mit vielen setzen sich die NaturFreunde in den Bündnissen „Umverteilen – Reichtum besteuern“, „Hand in Hand gegen Rassismus“, „Aufstehen gegen Rassismus“ für eine solidarische Gesellschaft ein.

Gesellschaftliche Strukturen erhalten – nicht zerstören

Migrant*innen werden von völkischen und rassisti­schen Politiker*innen für Probleme in der Gesell­schaft verantwortlich gemacht, die in den letzten Jahren zugenommen haben: Soziale Ausgrenzung, fehlende bezahlbare Wohnungen und die zuneh­mende Desintegration ganzer Stadtteile in den Groß­städten.

Mit dieser Debatte soll von den negativen Auswir­kungen des neoliberalen Angriffs auf die soziale Infra­struktur abgelenkt werden. Nicht Menschen mit Mig­rationsgeschichte haben zu einer systematischen Zer­störung sozialstaatlicher Strukturen geführt, sondern der neoliberale Umbau der Gesellschaft:

  • Der zunehmende Nationalismus, Rechtspopulis­mus und die hohen Wahlergebnisse für rechte und faschistische Parteien sind vor allem auch eine Folge der neoliberalen Politik in den Staaten der EU, die durch ihre Ausrichtung auf die Stei­gerung der Gewinne für die großen transnationa­len Konzerne immer größere Teile der Menschen in die Perspektivlosigkeit stößt. Der „marktkon­forme Mensch‘“, der nur seinen eigenen Erfolg im Blick hat, verliert die solidarischen und humani­tären Ziele aus den Augen. Eine „marktkonforme Gesellschaft“ zerstört systematisch solidarische Strukturen und damit die Grundlagen für ein so­lidarisches Zusammenleben der Menschen.
  • Die neoliberale Politik nimmt den Menschen ihre Zukunftsperspektiven. Menschen, die ihren Zu­kunftsoptimismus verlieren, neigen dazu, rechte politische Positionen zu übernehmen, da sie eine vermeintliche „Sicherheit“ versprechen.
  • In gesellschaftlichen Milieus, in denen eine starke Verunsicherung gegenüber gesellschaftlichen Mo­dernisierungsprozessen herrscht, da sie durch die kapitalistischen Modernisierungsprozesse mit einem gesellschaftlichen Abstieg rechnen, können Chauvi­nismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu­nehmen, wenn sie keine gesellschaftlichen und politischen Alternativen angeboten bekommen.
  • Diese Menschen glauben den Aufstiegsversprechen moderner Gesellschaften nicht mehr und sehen durch die gesellschaftlichen Veränderungen ihren gesellschaftlichen Status gefährdet.
  • Nur mit einer starken politischen Linken, die ge­sellschaftliche Perspektiven und Alternativen an­bieten kann, lässt sich die Rechtsentwicklung auf­halten.

Gemeinsam gegen eine Verschiebung des gesellschaftlichen Diskurses nach rechts – für eine solidarische Gesellschaft

Die NaturFreunde stellen sich den zunehmenden völkischen, reaktionären und rassistischen Positio­nen entgegen. Seit ihrer Gründung stellen sich die NaturFreunde in die Tradition der Aufklärung und des solidarischen Humanismus.

Wir NaturFreunde engagieren uns für die gerechte Gestaltung der Globalisierung. In diesem Sinne wer-
ben wir für eine Verbindung von sozialen Kämpfen und antirassistischer Arbeit. Gemeinsam mit Sozial­verbänden, antirassistischen Initiativen und Gewerk­schaften wollen wir Menschen unterschiedlicher Her­kunft zusammenführen und gemeinsam für eine grund­legende Veränderung der Gesellschaft eintreten. Inner­halb der NaturFreunde bieten wir Räume für inter­kulturellen Austausch und gesellschaftliche Diskurse.

Im Rahmen ihrer Arbeit wollen sich die NaturFreunde für eine Veränderung der Gesellschaft einsetzen:

  • Die NaturFreunde beteiligen sich aktiv an gesell­schaftlichen Bündnissen und Kampagnen, die sich für die Rechte von sozial Benachteiligten, Menschen mit Migrationsgeschichte und gegen Rassismus und Ausgrenzung einsetzen.
  • In allen Bündnissen und Demonstrationen, die von den NaturFreunden unterstützt werden, setzen sich die NaturFreunde dafür ein, dass für Men­schen und Gruppen aus dem nationalistischen und antidemokratischen Spektrum kein Platz bei den Aktionen ist. Die NaturFreunde erteilen allen eine klare Absage, die Journalist*innen gewalt­sam angreifen, Verschwörungsmythen, Hass oder gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wie Rass­ismus, Antisemitismus oder Sexismus verbreiten. An Bündnissen, in denen rechtspopulistische Ini­tiativen, Parteien oder Organisationen offiziell teil­nehmen können, werden sich die NaturFreunde nicht beteiligen.
  • Mitglieder und Funktionäre von rechtspopulisti­schen und faschistischen Parteien, wie zum Bei­spiel der AfD, werden nicht auf NaturFreunde-Veranstaltungen eingeladen. Die Positionen der AfD und vergleichbarer rassistischer Organisationen sind unvereinbar mit den Grundsätzen und der Satzung der NaturFreunde.
  • Die NaturFreunde bekräftigen die Unvereinbar­keit der gleichzeitigen Mitgliedschaft bei den Na­turFreunden und in der AfD oder in anderen Or­ganisationen mit fremdenfeindlichen und rassis­tischen Positionen.
  • Die NaturFreunde werden ihre Informations- und Bildungsveranstaltungen zum Thema Antifaschis­mus, Antirassismus und Rechtspopulismus inten­sivieren. Durch Bildungs- und Informationsangebot, die über Gefahren von Rechtspopulismus und Rassismus aufklären und informieren, wollen die NaturFreunde zu einer demokratischen Kultur bei­tragen.
  • Die NaturFreunde werden in Zusammenarbeit mit der Kampagne „Aufstehen gegen Rassismus“ Aus­bildungen zu „Stammtischkämpfer*innen“ anbie­ten und damit Interessierten die Möglichkeit bieten, sich argumentativ auf gesellschaftliche Diskussi­onen in Vereinen, Familie und im Bekanntenkreis vorzubereiten.
  • Unsere Räumlichkeiten, Häuser und Einrichtun­gen sind offene Begegnungsräume für interkultu­rellen Austausch. Sie bieten Schutz vor Verfol­gung und Diskriminierung. In unseren Räumlich­keiten und Veranstaltungen ist kein rassistisches, chauvinistisches und völkisches Gedankengut will­kommen.
  • Gemeinsam mit den Ortsgruppen und Landesver­bänden zeigen die NaturFreunde in ihrer alltägli­chen Arbeit, dass sie offen sind für alle Menschen, die sich für die Ziele der Aufklärung und des Hu­manismus einsetzen. In ihrer alltäglichen Praxis werden die NaturFreunde ihre integrativen An­sätze weiterentwickeln, um noch mehr Menschen mit Migrationsgeschichte für die gemeinsame Arbeit zu gewinnen.
  • Die NaturFreunde wollen ihre geschichtspoliti­sche Arbeit erweitern und die Verfolgung und Re­pression von NaturFreund*innen in der Zeit des Faschismus aufarbeiten. Mit Gedenkveranstal­tungen, wie zum Beispiel dem jährlichen Geden­ken für Georg Elser, wollen die NaturFreunde an­tifaschistische Geschichte für die nächsten Gene­rationen lebendig erhalten.
  • Die sportlichen Aktivitäten der NaturFreunde sind ein wichtiges Angebot, in dem Demokratie, Viel­falt, Inklusion und Zusammenarbeit gelebt wer­den können. Die NaturFreunde werden ihre Ar­beit für und mit Geflüchteten weiterhin fortsetzen.
  • Die NaturFreunde werden die Angebote der Fach­stelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (FARN) weiter ausbauen und In­formationsveranstaltungen über rechtspopulisti­sche und faschistische Einflüsse im Natur- und Umweltschutz durchführen.

www.bundeskongress.naturfreunde.de