Das ist die Weiße Elster – Flusslandschaft des Jahres 2020–23

© 

Obwohl die Weiße Elster als der wichtigste Fluss Mitteldeutschlands gilt, ist ihr Name eher unbekannt. Dabei durchfließt sie bedeutende Großstädte in den Bundesländern Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt und hat ein Einzugsgebiet von etwa 5.300 Quadratkilometern, in dem mehr als 1,5 Millionen Menschen leben. Der 257 Kilometer lange Fluss entspringt südöstlich der Stadt Aš in der Tschechischen Republik, wo er „Bélý Halštrov“ heißt, und mündet bei Halle in die Saale.

Der Name „Weiße Elster“ hat im Übrigen nichts mit dem schwarz-weißen Rabenvogel zu tun. Im Slawischen heißt „Alstrawa“ „die Eilende“, daraus wurde später „Elster“.

Der Fluss ist eines der am stärksten belasteten Fließgewässer in Mitteldeutschland. Vom verbindlichen Ziel der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, bis spätestens zum Jahr 2027 einen „guten ökologischen Zustand“ zu erreichen, ist er weit entfernt.

Über die „Flusslandschaft des Jahres“
Die NaturFreunde Deutschlands rufen gemeinsam mit dem Deutschen Angelfischerverband für jeweils zwei Jahre eine "Flusslandschaft des Jahres" aus. Der Titel soll auf die ökologische, ökonomische und soziokulturelle Bedeutung der Flüsse und der sie umgebenden Landschaft aufmerksam machen. Ausgezeichnet werden Flüsse, die entweder besonders gefährdet sind oder an denen hervorragende Renaturierungsmaßnahmen stattfinden. Um die komplexen ökologischen Zusammenhänge des jeweiligen Fließgewässers mit seiner Umwelt zu erfassen, wird explizit eine Flusslandschaft gewürdigt und nicht allein der Fluss.

Mit der Auszeichnung „Flusslandschaft des Jahres 2020–23: Weiße Elster“ wollen die NaturFreunde Deutschlands und der Deutsche Angelfischerverband die länderübergreifende Zusammenarbeit auf den Gebieten Umwelt- und Naturschutz, sanfter Tourismus, Hochwasserschutz sowie bei der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie an der Weißen Elster intensivieren.

Natur- und Lebensräume der Weißen Elster

Das Licht der Welt erblickt die Weiße Elster in dem nach ihr benannten Elstergebirge. Dieses dem Westerzgebirge angegliederte Mittelgebirge fällt nach Süden hin ab in die weiten Hügellandschaften des Vogtlandes. Durchschnitten werden die Waldinseln im Hügelland durch die Täler der Göltzsch und der Weißen Elster.

In Thüringen, wo ein Großteil ihres Mittellaufes liegt, stellt sich die Weiße Elster als gewässergeprägte Landschaft zwischen dem hügeligen Wald, den Offenlandschaften des Vogt- und Holzlandes und dem Altenburger Osterland dar.

Im Norden laufen die hügligen Landschaften zunehmend in breite Senken über. Die ausladenden Flusstäler der weißen Elster, der Unstrut und der Saale prägen die Region im Burgenlandkreis. Es schließt sich die Beckenlandschaft der Leipziger Tieflandsbucht und nachfolgend des breiten Saaletals mit dem Mündungsgebiet an.

Wo Heidelerche und Zwergschnäpper zu Hause sind

So vielfältig wie die Landschaftsräume, durch die die Weiße Elster fließt, sind auch die Habitate und ihre pflanzlichen und tierischen Bewohner. Insgesamt acht verschiedene FFH-Gebiete durchquert der Fluss in seinem Verlauf.

FFH-Gebiete sind spezielle europäische Natur- und Landschaftsschutzgebiete, die nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie ausgewiesen wurden und dem Schutz von Pflanzen (Flora), Tieren (Fauna) und Lebensraumtypen (Habitaten) dienen.

Das FFH-Gebiet „Saale-, Elster-, Luppe-Aue zwischen Merseburg und Halle“ ist beispielsweise durch Kalk-(Halb-)Trockenrasen und Steppenrasen geprägt. Hier lassen sich verschiedene besonders schützenswerte Orchideenarten ausfindig machen. Biber, Fischotter, Mopsfledermaus und das Graue Mausohr sind hier zu Hause. In den Uferzonen tummeln sich Vertreter der Rotbauchunke und des Nördlichen Kammmolches.

Das FFH-Gebiet „Leipziger Auensystem“ weist vor allem feuchte Hochstaudenflure, Brenndolden-Auenwiesen, magere Flachland-Mähwiesen, Erlen-, Eschen- und Weichholzauenwälder auf. Hier kommt der Bitterling vor, ein Karpfenfisch, der früher in großer Anzahl in der Weißen Elster auftrat, heute in der Region aber selten geworden ist. Mit einer verbesserten Durchgängigkeit des Flusslaufs ist seine Ausbreitung auch in oberläufigen Flussabschnitten zu erwarten.

Die Flusslandschaft der Weißen Elster hat eine besondere Bedeutung für die in der „Rote Liste Wirbeltiere“ des Freistaates Sachsen gelisteten Arten Baumfalke, Eisvogel, Flussuferläufer, Grauammer, Grauspecht, Halsbandschnäpper, Heidelerche, Kiebitz, Knäkente, Mittelspecht, Neuntöter, Raubwürger, Rohrweihe, Rotmilan, Schwarzmilan, Schwarzspecht, Sperbergrasmücke, Weißstorch, Wendehals, Wespenbussard, Zwergdommel und Zwergschnäpper.

Engagierten ehrenamtlichen Naturschützern ist es zu verdanken, dass einzelne Exemplare der Flussperlmuschel in den Nebenbächen der Weißen Elster bis heute überlebt haben. Der Fluss war früher eines der Gebiete mit den größten Flussperlmuschel-Vorkommen weltweit. Die etwa 10 Zentimeter große Muschel kann bis zu 100 Jahre alt werden. Zahlreiche Perlen der sächsischen Könige stammen vom Oberlauf der Weißen Elster.

Wie der Mensch die Flusslandschaft prägt

Der Fluss und seine Landschaften sind seit Jahrtausenden durch den Menschen geprägt und geformt. Damit einher geht auch der ökologische Zustand der Weißen Elster und ihrer Nebenflüsse.

Die Besiedlung der Region erfolgte zumeist entlang der Flusstäler an den leicht zu kultivierenden Beckenlagen. Mit dem wachsenden Bedarf an Brenn- und Bauholz in den Salinenregionen im Norden wurde die Weiße Elster zum Flößerfluss.

In der frühen Moderne entstanden die ersten Braunkohlereviere, im Norden des Flussgebietes wurden Chemie- und Maschinenbauindustrie angesiedelt. Im 20. Jahrhundert begann man mit der breit angelegten Förderung uranhaltigen Gesteins, die neben dem Braunkohletagebau die Flusslandschaft der Weißen Elster prägte.

Wasserwirtschaftliche Eingriffe gab es im Bereich der Weißen Elster überwiegend zur besseren landwirtschaftlichen Bewirtschaftung der umliegenden Flächen sowie für den Tagebau. Mühlen wurden an den Flussufern gebaut und Mühlengräben angelegt, die eine wasserwirtschaftliche Nutzung steigern sollten.

Zur besseren Nutzung der Tagebaubereiche wurden Gewässerausbauten vorgenommen und Umflutrinnen angelegt. Der Salzgehalt ist in den Tagebauseen und den umliegenden Gewässern teilweise erhöht, oft sind diese außerdem übersäuert.

Ursprünglich besaß die Weiße Elster einen mäandrierenden Gewässerverlauf. Durch die Erschließung von Ackerflächen und die Vergrößerung der Siedlungsbereiche im südlicheren Flussgebiet wurde das Gewässer in seinem Lauf verändert. Die Maßnahmen führten zu veränderten, trockeneren Standortbedingungen. Im nördlichen Gebiet der Flusslandschaft erfolgten Hochwasserschutzmaßnahmen, die den Verlauf der Weißen Elster begradigten.

1973 verschwand das ursprüngliche Flussbett der Weißen Elster südlich von Leipzig samt der dazugehörigen Auenlandschaft. Die Verlegung des kompletten Flusslaufs erfolgte, um Platz für den Braunkohle-Tagebau zu gewinnen. Der neu geschaffene über 10 Kilometer lange Flussabschnitt zwischen Zwenkau und Hartmannsdorf heißt im Volksmund „Betonelster“.

Der Ausstieg aus der Uranförderung und der beschlossene Ausstieg aus der Braunkohleförderungen werden die Region in den nächsten Jahren neu prägen.

Die Weiße Elster als Freizeit- und Urlaubsort

Die Flusslandschaft der Weißen Elster hat ganz offensichtlich ihre Reize: Ihre geschwungenen Hügel, bunten Felder, beschaulichen Vogtland-Dörfer und dunklen Wälder ziehen immer mehr Menschen an. Insbesondere der Radtourismus stellt im gesamten Flusslauf einen wichtigen Nutzungsfaktor dar.

Mit dem ausgebauten Elsterradweg und dem angeschlossenen Flussperlmuschelwanderweg im Oberlauf ist die Region wie durch ein „blaues Band“ erschlossen. Im Unterlauf führen mehrere thematische Rad- und Wanderrouten durch die Flusslandschaft. Von Leipzig kommend treffen sich alle beschilderten Radrouten an der Elsterbrücke bei Kleindalzig. Dort verlassen Elsterradweg und Neuseenland-Radroute das Zwenkauer Land und führen über Wiederau nach Pegau in den Süden.

Derzeit wird an einem wassertouristischen Nutzungskonzept gearbeitet, das den Kurs von Pegau über die Weiße Elster nach Leipzig zum Stadthafen ausweist.

Wie Nutzungs- und Umweltschutzinteressen zusammen kommen

In den letzten Jahren ist ein Netzwerk unterschiedlichster Interessensgemeinschaften zur Flusslandschaft gewachsen. Tourismus-, Naturschutz-, Wander- und Sportvereine tauschen sich regelmäßig mit den zuständigen Fachämtern über Nutzung und Umweltschutz der Flusslandschaft aus.

Die Bemühungen zum verbesserten Gewässerschutz tragen bereits erste Früchte. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat ein Projekt zur Gewässerdurchgängigkeit und -entwicklung gestartet, dass weiter ausgebaut werden soll. Die fischottergerechte Umgestaltung von zahlreichen sogenannten Kreuzungsbauwerken – zum Beispiel Brücken – zeigt bereits einige Erfolge. Mit der Schaffung einer besseren Durchgängigkeit gelang es bereits jetzt die Fischotterpopulationen miteinander stärker zu vernetzen und Hindernisse für die Fischwanderung zu beseitigen.

Durch Rückansiedlung und aktive Schutzmaßnamen konnte sich entlang der Zuflüsse und in der Weißen Elster die stark gefährdeten Bestände der Flussperlmuschel zu erholen beginnen. Dieser ökologische Erfolg konnte durch die Ausweisung des Erlebnispfads zur Flussperlmuschel einer breiten Öffentlichkeit sichtbar und bewusst gemacht werden.

Ziele im Rahmen der „Flusslandschaft des Jahres“

Für den Projektzeitraum der „Flusslandschaft des Jahres 2020–23: Weiße Elster“ haben sich NaturFreunde-Landesverbände Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gemeinsam mit dem Landesangelverbänden Sachsen-Anhalt und Thüringen unter anderem folgende Ziele gesetzt:

  • Projekte zur Stärkung der Gewässerstrukturvielfalt, wie zum Beispiel die Aufnahme von Auen in den Renaturierungsplan
  • Verstärkte Besatzmaßnahmen und Fischansiedlung
  • Maßnahmen zum Hochwasserschutz wie Retensionsflächen im Auwald
  • Ausweisung von Natura-Trails in den Kernhandlungsräumen Plauen, Gera und Zeitz
  • Verknüpfung bestehender Angebote des sanften Tourismus durch gemeinsame Veranstaltungen, wie zum Beispiel eine Rad-Sternfahrt oder geführte Exkursionen
  • umweltpädagogische Angebote, zum Beispiel eine Wanderausstellung zur Weißen Elster sowie die Produktion eines Films
  • Naturschutz-Aktionen wie einen Müllsammeltag
  • Entwicklung des Elsterradweges zu einer familienfreundlichen Parallelroute des Deutschlandradweges Ostsee nach Oberbayern (D9)

Die "Flusslandschaft des Jahres 2020–23: Weiße Elster" wird unter anderem unterstützt von:
NaturFreunde-Landesverbände Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, Landesangelverbände Sachsen-Anhalt und Thüringen, Landesangelverband Sachsen, Naturschutz und Kunst Leipziger Auwald e. V., AULA-Projekt 2030, Tourismusverband Vogtland e.V., Stadt Gera, Landratsamt Vogtlandkreis, Stadt Zeitz, Gemeinde Crossen, Thüringer Tourismus GmbH, Thüringer Landgesellschaft, Kreisanglerverein „Weiße Elster“ Zeitz e.V., Ländliche Kerne e.V., Grünes Haus Gera, Elster Rafting, Förderverein Elsterfloßgraben e.V., Wismut GmbH, Förderverein Elsteraue e.V., Kanuverein Zeitz e.V., Landkreis Burgenlandkreis, Verbandsgemeinde Droyßiger-Zeitzer-Forst, Gemeinde Wetterzeube, Infra-Zeitz Servicegesellschaft mbH, Deutsche Umwelthilfe e.V. Projektbüro Erfurt, pro Elsteraue e. V.