Ausstellung „Sich fügen – heißt lügen“ eröffnet im Naturfreundehaus in Erfurt

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Im Erfurter Naturfreundehaus Charlotte Eisenblätter kann seit dem 4. Oktober eine kulturhistorische Ausstellung besucht werden: Unter dem Titel "Sich fügen heißt lügen – Erich Mühsam und die Bakuninhütte" widmet sie sich der Geschichte der anarchistischen Gewerkschaftsbewegung in Thüringen und einer ihrer berühmtesten Stätten, der Bakuninhütte in Meiningen.

Stationen der Ausstellung

Die Ausstellung „Sich fügen – heißt lügen“ zeichnet die Geschichte der Bakuninhütte und des ideengeschichtlichen Umfelds, aus dem sie entstand, nach. Einer Einführung in die Geschichte des Anarchismus und Syndikalismus folgt ein Streifzug durch Frühformen der alternativen Lebenskultur und den lebensreformerischen Welten: Wandervogel- und Vagabundenbewegung, Siedlungs- und Genossenschaftsbewegung, Reformpädagogik, Antimilitarismus und Atheismus, Freie Liebe, Sexualhygiene und Vegetarismus. Der anarchistische Dichter und Aktivist Erich Mühsam nimmt eine besondere Rolle ein. Die Ausstellung wird in Kooperation mit dem Wanderverein Bakuninhütte e.V., dem DGB Region Thüringen, dem DGB Stadtverband Erfurt, Arbeit und Leben Thüringen sowie den Falken Erfurt gezeigt.

Wann & Wo
Sich fügen – heißt lügen! Erich Mühsam und die Bakuninhütte
04.10.2020–30.01.2021
Mo–Fr 10–16 Uhr

oder nach Anmeldung:
Naturfreundehaus Charlotte Eisenblätter
Johannesstraße 127
99084 Erfurt
(0361) 66 01 16 85
anmeldung@naturfreunde-thueringen.de

Über Erich Mühsam

Erich Mühsam lebte seine Vorstellung von Anarchismus. Seine Persönlichkeit gehörte in einem weit größeren Ausmaß, als dies bei anderen Schriftsteller*innen der Fall ist, zu seiner Wirkung dazu. Sein vielseitiges Werk spiegelt sein politisches Wirken wie seine Verbundenheit zum Theater und Kabarett, zu anderen Intellektuellen, zur Bohème sowie zur herrschaftslosen Gesellschaftsordnung wider.

Seine Kindheit und Jugend verbrachte Mühsam als Zeitgenosse Heinrich und Thomas Manns im Lübeck der „Buddenbrooks“. Ab 1900 arbeitete Erich Mühsam als freier Schriftsteller und Publizist in Berlin und München. Das Leben in der Bohème war für ihn das konsequente Gegenmodell zur Bürgerwelt der Väter. Die Münchener Räterepublik von 1918/19, an deren Entstehung Erich Mühsam neben Gustav Landauer und Ernst Toller führend beteiligt war, wurde zu einem einschneidenden Ereignis in seinem Leben. Während der anschließenden Festungshaft setzte er sich kritisch mit den Revolutionsereignissen und der marxistischen Geschichtsauffassung auseinander. Nach seiner Entlassung Ende 1924 versuchte er im Berlin der Weimarer Republik vergeblich, linke Kräfte für eine gesellschaftliche Revolution und gegen den heraufkommenden Faschismus zu bündeln.

Als jüdischer Intellektueller und Anarchist war Erich Mühsam eines der ersten Opfer der Nationalsozialisten, die ihn in der Nacht des Reichstagsbrandes im Februar 1933 verhafteten. Nach schweren Misshandlungen und Folter wurde er im Juli 1934 im KZ Oranienburg ermordet.

Kulturdenkmal des Anarchosyndikalismus: die Bakuninhütte

Die Bakuninhütte – heute Naturfreundehaus – entstand in den 1920er Jahren auf einer Selbstversorgungsfläche hungernder Arbeiter*nnen. Diese kamen aus Meiningen und Umgebung und waren überwiegend in der syndikalistischen Gewerkschaft Freie Arbeiter Union Deutschland (F.A.U.D.) organisiert. Auf dem einstigen Gemüsefeld wurde im Laufe der Jahre erst eine einfache Schutzhütte und später ein Steinhaus gebaut. Es gründete sich der „Siedlungsverein Gegenseitige Hilfe“.
Schnell verbreitete sich die Kunde von diesem wunderschönen Ort. Neben der sonntäglichen Nutzung als Ausflugsziel für Menschen aus der Region und als Urlaubsstätte für Arbeiter*innen aus dem damaligen Reichsgebiet, fanden überregionale Treffen unter anderem der syndikalistisch-anarchistischen Jugend statt. 1932 wurde der letzte Erweiterungsbau begonnen.

Doch schon wenig später kam es zur Enteignung durch die Nationalsozialisten; bis 1945 diente die Bakuninhütte der SS, der NS-Jugend und Privatpersonen als Räumlichkeit. Nach erneuter Enteignung wurde sie dem SED-Kreisvorstand Meiningen übertragen und zunächst landwirtschaftlich, später als FDJ-Jugendferienlager, als Stützpunkt für jugendliche Naturforscher*innen sowie als Übungsgelände der Bereitschaftspolizei genutzt. Nach der Wende scheiterten Bemühungen um Rückübertragung und erst 2005 gelang es, das Anwesen zu erwerben. Seitdem bemüht sich der Wanderverein Bakuninhütte, diesen Ort wieder der Allgemeinheit zugänglich zu machen.

Heute ist das Naturfreundehaus Bakuninhütte eines der letzten baulichen Zeugnisse der in Vergessenheit geratenen anarchosyndikalistischen Bewegung und darum Kulturdenkmal.

NaturFreunde Thüringen

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98617 Ellingshausen
keine Übernachtungsmöglichkeiten
Selbstversorgerhaus
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99084 Erfurt
keine Übernachtungsmöglichkeiten
Verpflegung nach Absprache